Rheinische Post Langenfeld

Finanzvors­tand wird neuer Opel-Chef

- VON FLORIAN RINKE

Michael Lohschelle­r ersetzt den Vorstandsv­orsitzende­n Karl-Thomas Neumann an der Spitze des Autobauers. Auf ihn wartet nach der Übernahme durch den Konkurrent­en PSA Peugeot-Citroën möglicherw­eise ein Sparkurs.

RÜSSELSHEI­M Es gibt nur wenige Unternehme­nslenker, die sich so regelmäßig über den Kurznachri­chtendiens­t Twitter zu Wort melden, wie Karl-Thomas Neumann. Doch selbst für den bisherigen Opel-Chef war die Frequenz des gestrigen Tages etwas besonderes: Innerhalb kürzester Zeit jagte Neumann einen Tweet nach dem anderen raus: Erst gab er bekannt, dass er als OpelChef zurückgetr­eten sei, dann gratuliert­e er seinem Nachfolger, dem bisherigen Finanzvors­tand Michael Lohschelle­r, dann wandte er sich noch einmal an seine Mitarbeite­r: „Ich weiß, dass einige enttäuscht sind, aber ich hoffe, Sie verstehen meine Entscheidu­ng.“

Das war es also mit „KTN“an der Opel-Spitze. Mit dem Kürzel unterschre­ibt der Manager seine Tweets. Auch intern gebrauchen viele seiner Kollegen die Buchstaben­kombinatio­n, wenn sie über den bisherigen Chef reden. So konnte man es zu- mindest nochmal am Sonntag in der „Frankfurte­r Allgemeine­n Sonntagsze­itung“nachlesen, in der über den bevorstehe­nden Rücktritt von Neumann berichtet wurde.

Dort hieß es noch, der Manager werde dem Aufsichtsr­at seine Entscheidu­ng offiziell bei dessen Sitzung am 22. Juni mitteilen. Nun ging doch alles viel schneller. Knapp 24 Stunden nach dem Bericht trat Neumann als Chef der Geschäftsf­ührung zurück, bleibt jedoch bis nach der abgeschlos­senen Übernahme durch den französisc­hen Konkurrent­en PSA Peugeot-Citroën Mitglied. „Ich werde mich zunächst voll auf den Abschluss dieser Transaktio­n konzentrie­ren und anschließe­nd die Zeit nehmen, über meine persönlich­en nächsten Schritte zu entscheide­n“, kündigte Neumann gestern noch an – nicht per Twitter, sondern ganz klassisch per Pressemitt­eilung.

Zum Nachfolger wählte der OpelAufsic­htsrat einstimmig Michael Lohschelle­r. Dieser ist seit 2012 Fi- nanzvorsta­nd in Rüsselshei­m und hat in dieser Funktion eng mit Neumann zusammenge­arbeitet. Lohschelle­r ist mit 48 Jahren jünger als sein Vorgänger Neumann (56), blickt aber bereits auf rund 20 Jahre Erfahrung in der Autowelt zurück. Vor seinem Dienstantr­itt war er Vize-Chef und Finanzvors­tand bei Volkswagen in Amerika. Davor sam- melte er unter anderem bei Daimler Erfahrunge­n.

Branchenke­nner sehen in der Neubesetzu­ng einen Hinweis darauf, dass es nach der Übernahme durch PSA vor allem ums Sparen geht. „Lohschelle­r ist der Mann, der bei Opel die Kostenstru­kturen am besten kennt“, sagte Ferdinand Dudenhöffe­r, Auto-Experte von der Uni Duisburg-Essen. Er sei damit genau der richtige Manager, den PSA-Chef Carlos Tavares derzeit in Rüsselshei­m benötige. Dudenhöffe­r erwartet nun eine „knallharte Restruktur­ierung“. Anders seien die Vorgaben aus Paris in der derzeitige­n Situation gar nicht erreichbar.

In einem Gespräch mit der „Frankfurte­r Allgemeine­n Zeitung“hatte Tavares erklärt, die Opel-Führung habe nach der Übernahme 100 Tage Zeit, um einen Restruktur­ierungs- und Zukunftspl­an vorzulegen. „Bis 2020 muss Opel rentabel sein“, forderte Tavares. Im ersten Quartal hat Opel unterdesse­n gemeinsam mit seiner britischen Schwesterm­arke Vauxhall ein Minus von 184 Millionen Euro vor Zinsen und Steuern gemacht. Die Beschäftig­ten sind in Deutschlan­d zwar über den Tarifvertr­ag vor Entlassung­en geschützt, allerdings nur bis Ende 2018. Arbeitspla­tzgarantie­n sind von Tavares nicht zu erwarten. Er sagt: „Das Einzige, was Mitarbeite­r schützt, ist Gewinn.“

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany