Rheinische Post Langenfeld

Langenfeld­er Gymnasium ist für G 9

- VON THOMAS GUTMANN

Nach einer repräsenta­tiven Umfrage unter Schülern, Lehrern und Eltern spricht viel für einen Abschied vom Turbo-Abi.

LANGENFELD/MONHEIM Als hätten sie es geahnt: Noch bevor sich CDU und FDP in den Düsseldorf­er Koalitions­verhandlun­gen darauf einigten, dass Nordrhein-Westfalen ab 2019/20 zum Abitur nach neun Jahren Gymnasium als Regelfall (G 9) zurückkehr­en soll, ja noch ehe feststand, dass es diese Koalition je geben würde, machten Schüler des Konrad-Adenauer-Gymnasiums (KAG) eine Umfrage: Schüler, Lehrer und Eltern des KAG sollten sechs Modelle nach Schulnoten bewerten: G 8, G 9 sowie vier Varianten mit Elementen aus beiden Systemen. Das jetzt vorliegend­e Ergebnis ist eindeutig: „Alle Modelle schneiden im Vergleich mit ,G 9 für alle’ signifikan­t schlechter in allen befragten Gruppen ab“, fasst Nicola von Gehlen, Lehrerin des „Projektkur­sus Statistik G8/G9“, das Ergebnis zusammen.

Das Ergebnis der Umfrage ist laut von Gehlen repräsenta­tiv. Die Kursteilne­hmer entwickelt­en unter fachmännis­cher Begleitung durch den Biostatist­iker Frank Grieger vom Monheimer Unternehme­n UCB einen mehrseitig­en Fragebogen. Ausgefüllt wurde dieser von 320 Schülern (je acht zufällig ausgewählt­en Jungen und Mädchen pro Jahrgangss­tufe), ebenso vielen Elternteil­en und 45 (ebenfalls zufällig ausgewählt­en) Lehrern. Das sind 29 Prozent der Schüler und Elternhäus­er und 50 Prozent der Lehrer – eine hinreichen­d große Stichprobe.

Die Auswertung hat unter anderen der Schüler Mike Schmitt in einer Projektarb­eit zusammenge­fasst. Hier die wichtigste­n Ergebnisse:

- Das vor zwölf Jahren in NRW eingeführt­e G 8 wurde von fast 80 Prozent der Lehrer und fast 60 Prozent der Schüler mit der Note 4 oder schlechter bewertet.

- Das G 9 bekam von fast 80 Prozent der Lehrer und mehr als 60 Prozent der Schüler eine 1 oder 2.

- Recht passabel bei den Schülern schneidet das Modell „Die Schulkonfe­renz entscheide­t, ob G 8 oder G 9“ab: Knapp die Hälfte fände dies gut oder sehr gut. Bei den Lehrern teilt indes nur jeder dritte diese Meinung.

- Beim Modell „G 8/G 9 prallel“ist die Kluft zwischen Schülern und Lehrern am größten: 65 Prozent der Schüler geben dieser Variante eine 1 oder 2, mehr als 70 Prozent der Lehrer hingegen eine 5 oder 6.

- Zu den Eltern, deren Bewertung sich nicht in der Arbeit von Schüler Mike Schmitt findet, sagt Lehrerin von Gehlen: „Sie haben G 9 mehrheitli­ch gut und G 8 mehrheitli­ch schlecht bewertet, ebenso die Wahl zwischen G 8 und G 9 durch die Schulkonfe­renz. Das Parallelsy­stem kam bei ihnen wie bei den Schülern gut an, aber trotzdem signifikan­t schlechter als das reine G 9.“

Schulleite­r Stephan Wippermann-Janda überrascht das Ergebnis angesichts der von ihm festgestel­lten Stimmungsl­age nicht: „Organisato­risch ist G 8 kein Problem, es läuft. Aber ich würde mich auch nicht wehren, zu G 9 zurückzuke­hren.“Grund: Die Aufnahmefä­higkeit der Schüler am Nachmittag las- se merklich nach. „Und in der Oberstufe steht das Punktesamm­eln durch gute Noten so sehr im Fokus – auch wegen der vielen Studienfäc­her mit NC-Zulassungs­beschränku­ng –, dass Schulproje­kte außerhalb des Unterricht­s immer mehr ins Hintertref­fen geraten, von einem Auslandsja­hr gar nicht zu reden.“Dass die Schulkonfe­renz zwischen G 8 und G 9 entscheide­t statt der Landespoli­tik, lehnt Wippermann-Janda strikt ab: „Ich möchte keine Spaltung der Schule.“

Edwin Pütz, Vorsitzend­er der Elternpfle­gschaft am KAG, hält angesichts der langen Schultage seiner beiden Söhne, die zusammen mit Vereinsspo­rt, musikalisc­hen und weiteren Gruppenakt­ivitäten kaum Zeit zum Luftholen ließen, ebenfalls wenig von G 8, mahnt aber eine wichtige Voraussetz­ung für eine Rückkehr zu G 9 an: „Die Schulen brauchen dann über zehn Prozent mehr Lehrerstel­len.“Kim-Joleene Kunk, eine der Schülerspr­echerinnen, sagt: „Je älter die Schüler, desto größer die Ablehnung von G 8. Denn gerade für die höheren Jahrgangss­tufen bedeuten Klausurpha­sen und lange Schultage unglaublic­h viel Stress.“Die Mehrheit ihrer Mitschüler wäre vermutlich am glücklichs­ten, wenn jeder selbst entscheide­n könnte, ob G 8 oder G 9.

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