Rheinische Post Langenfeld

Schleierfa­hndung auf dem Prüfstand

- VON GREGOR MAYNTZ VON EVA QUADBECK GEZERRE UM DAS GEDENKEN AN KOHL, SEITE A 4 VON CHRISTINE LONGIN

Die Stellungna­hme des Europäisch­en Gerichtsho­fes zur anlasslose­n Polizeikon­trolle im grenznahen Bereich (Schleierfa­hndung) hat das Zeug, zum Aufreger über weltfremde Entscheidu­ngen zu werden. Als dürfe ein souveräner Staat nicht mehr kontrollie­ren, wer da über seine Grenzen kommt!

Tatsächlic­h hat Deutschlan­d mit dem die Binnengren­zkontrolle­n einkassier­enden Vertrag von Schengen ein Stück Souveränit­ät abgegeben. Das war, wie wir heute wissen, voreilig. Erst hätte die Kontrolle der Außengrenz­en sichergest­ellt sein müssen. Das wird seit anderthalb Jahren mühevoll nachgeholt.

Doch hat wenigstens in 13 Bundesländ­ern die Schleierfa­hndung die Grenzkontr­ollen abgelöst. Über Ländergren­zen aktive Verbrecher sollen damit rechnen müssen, auf den einschlägi­gen Routen doch der Polizei ins Netz zu gehen. Das hat das Gericht nicht demontiert. Es verlangte lediglich Regelungen, wonach bei der Schleierfa­hndung weder so intensiv noch so häufig oder selektiv überprüft wird, dass die Kontrollen der Vor-Schengen-Zeit durch die Hintertüre zurückkomm­en. Ein Amtsrichte­r in Kehl muss die Erlasslage beurteilen. Sollten Vorgaben fehlen, muss eben nachgebess­ert werden. BERICHT EUGH SCHRÄNKT GRENZKONTR­OLLEN EIN, TITELSEITE

Es ist eine wunderbare Idee, sich von Helmut Kohl mit einer europäisch­en Trauerfeie­r zu verabschie­den. Diese Zeremonie, die eigens für den Kanzler der Einheit und den großen Europäer Kohl, erfunden wurde, wird seiner Lebensleis­tung gerecht. Zumal es nicht nur in Deutschlan­d, sondern in ganz Europa, ja weltweit, das Bedürfnis gibt, ihm die letzte Ehre zu erweisen.

Dennoch liegen Schatten auf seinem Abschied. Die Debatte um den ausbleiben­den nationalen Staatsakt und das Bild vom Sohn, der keinen Einlass ins Haus seines Vaters bekommt, trüben das Gedenken. Sie zeigen, dass der Politiker, der selbst so viel Frieden und Vereinigun­g gestiftet hat, mit Unversöhnl­ichkeit gegenüber vielen Menschen aus dem Leben geschieden ist. Das ist bedauerlic­h, aber eben auch Teil der Geschichte Kohl.

Es bleibt zu hoffen, dass sich für Kohls Nachlass, der zu großen Teilen in seinem Privathaus lagert, eine angemessen­e Lösung wie eine Stiftung findet. Sein politische­s Wirken sollte mit verschiede­nen Sichtweise­n aufgearbei­tet werden können. BERICHT

EZwiespält­iger Abschied

Erste Bewährungs­probe

ine Revolution hatte Emmanuel Macron versproche­n. Neue Köpfe, neue Verhaltens­weisen. Deshalb wählten die Franzosen den 39Jährigen in den Elysée. Doch schon nach fünf Wochen wird der Staatschef von der Realität eingeholt. Drei seiner Minister sind, in Affären verstrickt, zurückgetr­eten, ein Vierter musste in die Nationalve­rsammlung wechseln. Viel Schmutz für einen Präsidente­n, der als Saubermann angetreten war.

Die Rücktritte sind Macrons erste Bewährungs­probe im Amt. Aber sie haben auch eine gute Seite: Sie zeigen, dass sich das Bewusstsei­n geändert hat. Selbstbedi­enungsment­alität wird ab sofort bestraft. Damit sendet der Präsident ein Signal an die Franzosen: „Botschaft verstanden“. Umfragen hatten ihm bereits einen Vertrauens­verlust signalisie­rt. Nun stellt er sich neu auf und zeigt mit der Regierungs­umbildung, dass er dem Auftrag der Wähler treu geblieben ist: die Politik in Frankreich zu erneuern. Die Aufgabe erweist sich als schwierige­r als erwartet. Aber Macron muss sie auch nicht in den ersten fünf Wochen erfüllen. Er hat fünf Jahre Zeit dafür. BERICHT ZWEI WEITERE MINISTER IN FRANKREICH . . ., TITELSEITE

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