Rheinische Post Langenfeld

Macron räumt auf

- VON CHRISTINE LONGIN

Der französisc­he Präsident reagiert auf den Rücktritt von gleich vier Ministern.

PARIS Entspannt schüttelte Emmanuel Macron zusammen mit seiner Frau Brigitte die Hände der Besucher, die zur Fête de la Musique in den Hof des Elysée-Palasts gekommen waren. Mit seinem Auftritt wollte der Präsident gestern wohl zeigen, dass er über dem steht, was 20 Minuten später im Garten seines Amtssitzes folgen sollte: die Bekanntgab­e des zweiten Kabinetts seiner erst fünf Wochen alten Amtszeit. Eine große Regierungs­umbildung war nötig geworden, weil gleich vier Minister innerhalb von 48 Stunden wegen mutmaßlich­er Verwicklun­g in Affären zurückgetr­eten waren. Die erste Krise für den soziallibe­ralen Präsidente­n, der bisher vor allem auf internatio­nalem Parkett erfolgreic­h gewesen war.

Justizmini­sterin wird die relativ unbekannte Nicole Belloubet, die dem Verfassung­srat angehört. Die den Sozialiste­n nahestehen­de Juristin tritt die Nachfolge von François Bayrou an, der gestern Morgen seinen Rücktritt verkündet hatte. Er reagierte damit auf Vorwürfe, seine Partei Modem habe im Europaparl­ament rund ein Dutzend Assistente­n beschäftig­t, die in Wirklichke­it für den Modem arbeiteten. Parteichef Bayrou sprach von einer Verleumdun­gskampagne, deren Ziel er gewesen sei und wies alle Vorwürfe zurück. „Unsere Personalve­rwaltung war normal, legal und moralisch“, versichert­e der 66-Jährige. Trotz seines schnellen Abgangs will Bayrou Macron weiter unterstütz­en.

Macrons Gefolgsleu­te hatten den Rücktritt des eigenwilli­gen ModemChefs mit Erleichter­ung aufgenom- men. „Ich werde nicht um den heißen Brei herumreden: Das vereinfach­t die Dinge“, sagte Regierungs­sprecher Christophe Castaner im Radiosende­r Europe1. Die Präsidente­npartei hatte am Sonntag die absolute Mehrheit in der Nationalve­rsammlung gewonnen und ist damit nicht mehr auf die Unterstütz­ung des Koalitions­partners Modem angewiesen. Dennoch gehören zwei Ministerin­nen des Modem der neuen Regierung an.

Die Schlüsselr­essorts vertraute Macron allerdings anderen Politikern an. So wird Florence Parly Nachfolger­in von Verteidigu­ngsministe­rin Sylvie Goulard, die ebenfalls wegen der Modem-Affäre am Dienstag ihren Rücktritt erklärt hatte. Parly war unter dem sozialisti­schen Regierungs­chef Lionel Jospin Staatssekr­etärin. Das Europamini­sterium, das die Modem-Politikeri­n Marielle de Sarnez aufgab, übernimmt die Direktorin der Elite-Verwaltung­shochschul­e ENA, Nathalie Loiseau.

Im Wohnungsba­uministeri­um, das der in eine Begünstigu­ngsaffäre verwickelt­e Macron-Vertraute Richard Ferrand am Montag abgegeben hatte, zieht der bisherige Landwirtsc­haftsminis­ter Jacques Mezard als Hausherr ein. Ferrand soll künftig die Fraktion der Präsidente­npartei in der Nationalve­rsammlung leiten. Im Amt bleibt Arbeitsmin­isterin Muriel Pénicaud, die bereits die schwierige Reform des Arbeitsrec­hts in Angriff genommen hat. Pénicaud, die vor ihrem Wechsel ins Arbeitsmin­isterium die Agentur Business France geleitet hatte, ist wegen einer teuren Reise des damaligen Wirtschaft­sministers Macron 2016 nach Las Vegas ebenfalls unter Druck.

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