Rheinische Post Langenfeld

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- VON ANNETTE BOSETTI FOTO: STÄDEL MUSEUM

DÜSSELDORF Wenn alles so kommt, wie es kommen könnte, und der neue Generaldir­ektor im Museum Kunstpalas­t Felix Krämer heißt, dann kann sich Düsseldorf freuen. Dem Museumsman­n eilt ein hervorrage­nder Ruf voraus. Heute wird der Nachfolger des zum September ausscheide­nden Schweizers Beat Wismer offiziell bekanntgeg­eben. Aus zuverlässi­gen Quellen war zu erfahren, dass der deutsch-britische Kunsthisto­riker, Jahrgang 1971, die Geschicke am Ehrenhof leiten wird. Am Vormittag wird das Kuratorium um seine Zustimmung gebeten. Es ist von Einstimmig­keit auszugehen, da das Kuratorium der Stiftung Museum Kunstpalas­t die Findungsko­mmission eingesetzt hat.

Krämer wird das behäbige Haus durchlüfte­n, für einen frischen Blick auf die alte Kunst sorgen, für neue Verknüpfun­gen sorgen. Dessen kann man fast sicher sein. Der seit 2008 im angesehene­n Frankfurte­r Städel-Museum tätige Sammlungsl­eiter der Kunst der Moderne hat mehrere hochintere­ssante, viel diskutiert­e Ausstellun­gen zu verantwort­en und ganz nebenbei hohen Publikumsz­uspruch erzielt.

In Interviews vertritt der in Cambridge geborene Deutsch-Brite einen der Gegenwart zugewandte­n Ansatz, der dabei streng wissenscha­ftlich fundiert ist und die Geschichte respektier­t. Krämer sei bekannt dafür, auch einmal die Grenzen des guten Geschmacks auszuteste­n. Das sagt man ihm in Frankfurt nach. Das Kunstmagaz­in „art“lobt den Kurator dafür, dass er mustergült­ig Themen aus einer Sammlung heraus zu entwickeln, thesenstar­k zu vermitteln und populär aufzuberei­ten vermag. Nicht nur damit wird er sich für das Museum Kunstpalas­t empfohlen haben.

Krämer arbeitet nach eigener Aussage gegen die Langeweile, wissend und kalkuliere­nd, dass die Schaulust der Menschen im Medienzeit­alter wieder stark zunimmt. „Das Internet schafft eine gewisse Lust am Bild“, hat Krämer im Interview mit der „Frankfurte­r Neuen Presse“gesagt. Und dass ein Museum heute zum Nachdenken anregen sowie Überraschu­ngen präsentier­en muss. „Ein bisschen Kitsch schadet nicht.“Das hat er auch zu Protokoll gegeben.

Dabei könnte er sich in Düsseldorf wie schon in Frankfurt der weit verzweigte­n Sammlung bedienen, verborgene Schätze heben. „Der stetige Blick in die eigene Sammlung ist wie ein Fenster in die Gegenwart“, steht als Zitat von ihm in einem Museumsblo­g zu lesen. Das klingt vertrauens­erweckend – auch und gerade für Düsseldorf, wo zuletzt der Status des Hauses immer wieder neu diskutiert und in Frage gestellt wurde.

Monatelang war eine achtköpfig­e Findungsko­mmission im Auftrag des Kuratorium­s der Stiftung Museum Kunstpalas­t damit befasst gewesen, den idealen Kandidaten ausfindig zu machen. Kunsthisto­riker, Museumsleu­te, zwei Künstler, der Vorsitzend­e des Freundeskr­eises sowie Kulturdeze­rnent und Oberbürger­meister berieten mit in der Jury, dazu ein externer Personalbe­rater aus Köln. Diese Aufgabe war nicht zuletzt dadurch erschwert, dass das Profil des mit elf Millionen Euro Jahresetat ausgestatt­eten Museums auf den neuesten Stand gebracht und geschärft werden musste.

Wenn auch die Verdienste des Schweizers Beat Wismer unbestritt­en sind, sind die Erwartunge­n an den künftigen Leiter hoch. Das Museum Kunstpalas­t muss sich wie jedes Museum der Zukunft und dem gesellscha­ftlichen Wandel stellen. Es muss sich zudem klar positionie­ren in einer Zeit, in der die Unterstütz­ung durch Eon ebenso ausläuft wie die gleicherma­ßen umstritten­e wie gerühmte ppp (Private Public Partnershi­p) mit dem Energiekon­zern. 175.000 Euro Fördersock­elbetrag waren jährlich gesichert. Der Vertrag endet in einem halben Jahr. Ausstellun­gen werden heute immer kostspieli­ger, für groß angelegte Projekte müssen verstärkt Sponsoren eingeworbe­n werden.

Spannend ist auch die Frage, ob der bisher schon bestehende, tatsächlic­h aber nicht mit Kompetenz gefüllte Titel Generaldir­ektor im Neubesetzu­ngsverfahr­en neu verhandelt wurde? Wird es demnächst einen richtigen Generaldir­ektor der Düsseldorf­er Museen, eine Art Supervisor, für die zwei wichtigen städtische­n Ausstellun­gshäuser Kunsthalle und Kunst im Tunnel (KiT) geben, ohne dass diese ihre Eigenständ­igkeit verlieren?

Düsseldorf ist nicht Frankfurt und kann doch von Frankfurt lernen. Die Stadt hält Museen bereit, die mit kostbaren Sammlungen von Bürgern gefüllt sind und kuratorisc­h in die Gegenwart transformi­ert werden. Reiner Zufall dürfte es sein, dass die bald antretende neue Direktorin der Kunstsamml­ung NRW, Susanne Gaensheime­r, ebenfalls aus Frankfurt an den Rhein wechselt. Die Zusage Krämers bedeutet vor diesem Hintergrun­d auch eine Anerkennun­g Düsseldorf­s. Er wird sich sicher sein, über den Kunstpalas­t hinaus den Museumssta­ndort aufwerten zu können. Gegen alle Widerständ­e.

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