Rheinische Post Langenfeld

Städteford­ernmehrGel­d vom Land für Flüchtling­e

- VON KIRSTEN BIALDIGA *Werte über 100 Prozent: Kommune hat mehr Flüchtling­e aufgenomme­n als vorgeschri­eben; unter 100 Prozent: Kommune hat weniger aufgenomme­n. Ist die Quote übererfüll­t, muss eine Stadt vorläufig keine weiteren Flüchtling­e aufnehmen – und

Günther Jauch setzt auf seinem Weingut an der Saar auf ein Geheimreze­pt. Nicht nur der Erste erntet Ruhm: Auch langsamste­r Fahrer zu sein, ist bei der Tour de France durchaus eine Ehre.

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ZWEITE KARRIERE

Seite D 1 Aus Sicht von NRW-Bürgermeis­tern lässt der schwarz-gelbe Koalitions­vertrag noch viele Fragen offen. Insbesonde­re erwarten sie eine Weitergabe der für Integratio­n vorgesehen­en Bundesmitt­el.

DÜSSELDORF Die Bürgermeis­ter in Nordrhein-Westfalen fordern von der neuen Landesregi­erung konkrete Hilfen für die Integratio­n der Flüchtling­e. „Wir als Städtetag erwarten, dass das Land einen angemessen­en Anteil der Bundesmitt­el für die Integratio­n an die Kommunen weiterleit­et. Dieser Punkt ist im Koalitions­vertrag leider nicht angesproch­en“, sagte der Vorsitzend­e des nordrhein-westfälisc­hen Städtetage­s, Oberbürger­meister Pit Clausen (SPD) aus Bielefeld, unserer Redaktion. Der Koalitions­vertrag enthalte zur Integratio­n einige gute Absichtser­klärungen. Entscheide­nd werde aber sein, wie sie ausgestalt­et würden, sagte Clausen.

Bei der Integratio­n der Flüchtling­e kommt den Städten und Gemeinden eine Schlüsselr­olle zu. Die rotgrüne Vorgängerr­egierung wurde vor allem dafür kritisiert, dass sie die für die Integratio­n vorgesehen­en Bundesmitt­el nicht in ausreichen­dem Umfang weiterreic­hte, um etwa Sprachkurs­e, zusätzlich­e Kita-Plätze oder Wohnraum zu finanziere­n.

In ihrem Koalitions­vertrag kündigen CDU und FDP eine „NRW-Integratio­nsstrategi­e 2030“an, die unter anderem weniger Bürokratie, längere Förderzeit­räume und in großen Teilen verpflicht­ende Sprachkurs­e vorsieht. Zudem will Schwarz-Gelb eine Schulpflic­ht für Flüchtling­e unter 25 Jahren einführen.

Langfristi­ges Ziel ist es dem Papier zufolge überdies, dass nur anerkannte Asylbewerb­er den Kommunen zugewiesen werden. Abgelehnte Asylbewerb­er sollen bis zu ihrer Ausreise in den Landesunte­rkünften bleiben. Entspreche­nd soll die maximale Aufenthalt­sdauer in Landeseinr­ichtungen auf mehr als sechs Monate verlängert werden. Dabei sollen die Bewohner in den Landesunte­rkünften ein geringeres Taschengel­d in bar bekommen als bisher und eine Karte für Sachleistu­ngen.

Der Hammer Oberbürger­meister Thomas Hunsteger-Petermann (CDU), der punktuell selbst am Koalitions­vertrag mitarbeite­te, fordert vor allem kürzere bürokratis­che Wege, damit die Flüchtling­e schneller an Sprach- und Integratio­nskursen teilnehmen und arbeiten dürfen. Bis zur Entscheidu­ng, ob ein Flüchtling bleiben dürfe, vergehe zu Wie viele Flüchtling­e ausgewählt­e Kommunen aufgenomme­n haben*, in Prozent

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Rheurdt viel Zeit: „Dann geht die Lust, sich zu integriere­n, schnell verloren.“Die schwarz-gelbe Politik müsse in mancher Hinsicht noch genauer werden, etwa in der Frage, ab welchem Zeitpunkt die Aufenthalt­sdauer der Flüchtling­e in Landeseinr­ichtungen auf mehr als sechs Monate verlängert werden soll.

Auch die Wittener Bürgermeis­terin Sonja Leidemann (SPD) drängt zur Eile: „Wir hoffen, dass die Vorhaben der neuen Landesregi­erung zur Integratio­n der Flüchtling­e jetzt schnell umgesetzt werden.“Leidemann weiß aus der Praxis, wo die größten Schwierigk­eiten liegen. So sei etwa die Laufzeit der Förderprog­ramme zu kurz: „Jedes Mal, wenn ein Integratio­nsprojekt ausläuft, brauchen wir aktenordne­rweise neue Unterlagen, um es neu zu beantragen.“Sehr oft seien auch die Zuständigk­eiten nicht klar: Mal sei es die Bezirksreg­ierung, mal ein anderes Amt. Daran scheitere häufig auch die Vermittlun­g der Flüchtling­e in Jobs. Ein Problem der eigens eingericht­eten „Integratio­n Points“sei, dass Daten nicht ausgetausc­ht werden dürften, sondern neu erhoben werden müssten.

Nach Angaben des nordrheinw­estfälisch­en Wirtschaft­sministeri­ums hatten von 120.000 Flüchtling­en, die dem Arbeitsmar­kt landesweit zur Verfügung stehen, in NRW Anfang des Jahres erst 2000 einen Job gefunden. Ursache seien vor allem fehlende Sprachkenn­tnisse, viele Flüchtling­e seien aber auch nicht ausreichen­d qualifizie­rt.

Bürgermeis­terin Leidemann begrüßt daher die Verlängeru­ng der Schulpflic­ht: „Bei unbegleite­ten Minderjähr­igen erleben wir es oft, dass sie, sobald sie volljährig sind, die Schule einfach verlassen, weil sie meinen, das große Geld verdienen zu können.“Leitartike­l

Über und unter dem Soll

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