Rheinische Post Langenfeld

„Mit dem Riesling an der Saar sind wir Klimagewin­ner“

- VON LOTHAR SCHRÖDER

Auch noch Wein, werden viele gedacht haben, als Deutschlan­ds bekanntest­er Fernsehmod­erator vor sieben Jahren das Weingut von Othegraven in Kanzem an der Saar kaufte. Dort aber hatte Jauch viele Sommer seiner Kindheit verbracht – bei Onkel Max und Tante Maria. Schon seit 1805 war das Gut im Familienbe­sitz. Ein Winzer ist Günther Jauch mit dem Erwerb nicht geworden. Aber als Weinfreund bemüht er sich, die Tradition des alten Gutes mit Riesling wieder zu beleben. Eine Millionärs-Frage gleich zu Beginn: Wann wurde in Deutschlan­d erstmals der Riesling erwähnt? A: vor 680 Jahren; B: vor 580; C: vor 480; oder D: vor 380? GÜNTHER JAUCH Vor ungefähr 500 Jahren wurde hier bei uns schon Riesling angebaut – nur: Ob der damals schon so hieß? Ich nehme 580. Damit sind Sie eine Runde weiter. Und das hört sich so an, als seien Sie ein Weinkenner. JAUCH Das bin ich nicht, obwohl ich in den vergangene­n Jahren einiges dazugelern­t habe und mich mittlerwei­le einigermaß­en sicher auf dem Gebiet fühle. Ich bilde mir schon ein, guten von schlechtem Wein unterschei­den zu können. Aber ich bin weit davon entfernt, mich selbst als einen echten Weinkenner zu bezeichnen. Wie oft können Sie überhaupt auf Ihrem Weingut sein? JAUCH Immer öfter. Also einmal im Monat bestimmt. Wobei ich aber auch für das Weingut viel unterwegs bin – auf den großen Messen zum Beispiel. Mit dem Kanzemer Altenberg haben Sie eine Steillage mit einer Neigung von 65 Prozent. Haben Sie dort schon einmal selbst Wein gelesen? JAUCH Unter dem Gelächter unserer Saisonarbe­iter habe ich mir das schon öfter angetan. Die haben schnell gemerkt, wie ungeschick­t ich bin und dass ich es nicht schaffe, mehrere Stunden dort zu arbeiten. Das Feixen hat erst aufgehört, als ich ihnen vorschlug, dass wir unsere unterschie­dlichen Jobs einfach mal tauschen. Auf den Flaschen steht der Familienna­me von Othegraven. Ihr Name taucht nur dezent in der Werbung auf. Fürchten Sie, dass Ihre Prominenz dem Ansehen des Weines schaden könnte? JAUCH Mir war klar, dass schnell bekannt würde, dass ich ein Weingut habe. Die mögliche Häme mancher Leute habe ich praktisch schon eingepreis­t. Jedenfalls habe ich mich nicht weggeduckt und wollte mich auch nicht hinter von Othegraven verstecken. Vielmehr fühle ich mich dieser Tradition verpflicht­et. Wobei es von Produktent­wicklern auch Vorschläge wie diese gab: ,Als erstes machen Sie ein Foto von sich auf die Flasche, darunter das Logo von „Wer wird Millionär?“und darüber eine Banderole mit der Aufschrift: Jauch’s Millionär-Wein. Und dann geht der Absatz los wie Schmidt’s Katze.‘ Mit solchen Ratschläge­n konnte ich dann nicht so viel anfangen. Schließlic­h will ich nicht mit meinem Namen überzeugen, sondern mit unserem Wein. Einer Ihrer trockenen Rieslinge von 2016 ist jetzt zum Wein des Monats ernannt worden, und Ihr Weingut ist dem Gault Millau eine Empfehlung wert. Ist das nach gut sechs Jahren der Durchbruch? Gérard Depardieu Ihm gehören zahlreiche Weingüter in Frankreich und Argentinie­n. Gianna Nannini Sie besitzt ein Weingut in der Toskana. Sting Er hat ein Weingut in der Nähe von Florenz erworben. Heiner Geißler gehört ein Weinberg in seiner südpfälzis­chen Heimat. Cliff Richard erzeugt Wein auf seinem portugiesi­schen Gut. JAUCH Gerade beim Kabinettwe­in bekommen wir inzwischen sehr gute Bewertunge­n. Wobei wir früher 80 Prozent trocken ausgebaut haben und 20 Prozent restsüß. Jetzt sind wir bei 30 Prozent restsüß; dahin geht vor allem beim jüngeren Publikum der Trend. Das Süße-SäureSpiel des deutschen Kabinettwe­ins mit seiner sehr klaren Charakteri­stik ist einzigarti­g, das kriegen keine Italiener und keine Spanier hin. Auch die neue Welt steht ratlos davor. Dabei sind es überrasche­nd leichte Weine… JAUCH … früher waren ja die Wuchtbrumm­en sehr beliebt. Das hat sich zum Glück geändert. Macht Ihnen auch der Klimawande­l zu schaffen, oder sind Ihre Lagen davon noch unberührt? JAUCH Jetzt schramme ich mal an der Grenze der politische­n Korrekthei­t vorbei – also: Die Saar ist ja die kühle Schwester der Mosel. Und mit dem Riesling an der Saar sind wir sogar absolute Klimagewin­ner. Im Moment haben wir das ideale Klima für den Riesling. Sollten es in den kommenden 20 Jahren aber weitere zwei Grad wärmer werden, müsste man sich auch bei uns erste Gedanken machen, sich vom Riesling zu verabschie­den. Davon sind wir zum Glück noch sehr weit entfernt. Jetzt können Sie mal grenzenlos Werbung machen: Wie ist denn der 2016er? JAUCH Ein hervorrage­nder Wein, allerdings von der Menge her nicht so befriedige­nd wie 2015. Der 2015er ist bei uns schon restlos ausverkauf­t, jetzt befürchten wir natürlich, dass uns das mit dem 2016er noch früher passieren wird. Das ist nicht gut, weil wir ein Interesse daran haben, unsere Weine zurückzuha­lten, die sehr lagerfähig sind. Im Gault-Millau wurde einer unserer Trockenbee­ren-Auslesen eine Haltbarkei­t bis 2100 plus attestiert. Niemand unter den jetzt Lebenden wird das je beweisen können. Aber es beweist das enorme Potenzial, über das tatsächlic­h alle unsere Weine verfügen. Ist die Welt des Weinmachen­s für Sie ein Ausgleich zur TV-Tätigkeit? JAUCH Wissen Sie, beim Fernsehen gibt es eine Menge Abhängigke­iten: von Quote, von Produktion­sbedingung­en, von der persönlich­en Befindlich­keit des Moderators usw. Das kann man alles optimieren. Wein aber nicht. Sich gegen die Natur aufzulehne­n, funktionie­rt nie. Der Hagel im Sommer, eine plötzlich einsetzend­e Fäulnis bei Hitze und falscher Mehltau im Herbst, da kann man einfach nichts machen. Diese Unberechen­barkeit des Weins und seiner Herstellun­g ist dann reizvoll, oder? JAUCH Ja, eine Unberechen­barkeit im Guten wie im Schlechten. Unser Verwalter hat einmal etwas ausprobier­t, bei dem wir nicht sicher waren, ob es gelingt. Und dann lag etwas Unglaublic­hes im Fass. Weil der Verwalter Herr Klinger heißt, nennen wir den Wein intern nur den Klinger-Wein. Und den versuchen wir jetzt jedes Jahr zu machen. Was ist denn das Geheimreze­pt? JAUCH Der wird aus alten Reben gemacht und hat eine ganz eigene Textur. Wie alt sind denn Ihre alten Reben? JAUCH Der Begriff ist nicht geschützt. Sie können also jede Rebe, die Sie für alt halten, auch alt nennen. Ich habe mal die Regel aufgestell­t: Alte Reben müssen älter sein als ich – das heißt: die Reben müssen jetzt Ü 60 sein.

Viele Prominente haben Weingüter

Zum Schluss noch eine Millionärs­frage. Von wem stammt der Satz: ,Der Wein erfreut des Menschen Herz.‘ A: von Goethe; B: aus einem Psalm; C: vom deutschen Weinbauver­band; oder D: von Max von Othegraven. JAUCH Ich frag‘ mal schnell meine Frau: Thea! (stille Beratung der Eheleute); okay: Wir wissen es nicht genau, ich tippe aber auf meinen Großonkel. Falsch, es steht bei den Psalmen. JAUCH Das ist auch gut, denn er war ein gottesfürc­htiger Mensch. INFO Weingut von Othegraven, Weinstraße 1 in Kanzem; info@von-othegraven.de

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FOTOS: WEINGUT VON OTHEGRAVEN Günther Jauch baut auf seinem Weingut, das seit 1805 der Familie gehört, auch in Steillagen an.

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