Rheinische Post Langenfeld

Machtkampf um den Grünen Punkt

- VON ANTJE HÖNING

Die Großaktion­äre des Dualen Systems wollen ihre Anteile in Kürze verkaufen. Als aussichtsr­eicher Käufer gilt Remondis. Kommunale Entsorger warnen davor, sie fürchten Konzentrat­ion und höhere Preise für Verbrauche­r.

KÖLN Jeder kennt den „Grünen Punkt“, der auf vielen Verpackung­en prangt. Dahinter steckt ein Millionen-Geschäft, um das ein erbitterte­r Kampf entbrannt ist. Denn das Unternehme­n Duales System Deutschlan­d (DSD), dem der „Grüne Punkt“gehört, steht zum Verkauf. Die Finanzinve­storen Bluebay und HIG Capital wollen ihre Anteile von 55 Prozent beziehungs­weise 25 Prozent verkaufen. Laut Branchenkr­eisen will ausgerechn­et der Entsorgung­sriese Remondis zuschlagen. Branche und Kartellrec­htler sind alarmiert, sie fürchten eine neue Marktmacht, die die Preise diktiert. In Kürze soll die Entscheidu­ng fallen. „Unsere Eigentümer Bluebay und HIG Capital wollen ihre Anteile veräußern“, sagt DSDChef Michael Wiener unserer Redaktion. „Der Prozess läuft, der Verkauf soll wie angekündig­t bis Mitte des Jahres abgeschlos­sen sein.“Zur Frage, ob man mit Remondis verhandele, wollten sich Remondis und DSD nicht äußern. Was ist der Grüne Punkt? 1990 gründeten Handel und Hersteller das Unternehme­n DSD, das sich um die Wiederverw­ertung von Leichtverp­ackungen kümmert. Um den Verbrauche­rn beizubring­en, was in die gelbe Tonne gehört, druckte man den Verpackung­en den „Grünen Punkt“auf – das an Yin und Yang erinnernde Zeichen mit zwei Pfeilen. Zunächst war DSD Monopolist, 2006 wurde der Markt geöffnet. Heute bieten zehn Unternehme­n ein duales Wiederverw­ertungssys­tem an, neben DSD auch Firmen wie Belland oder Interseroh. Diese übernehmen die Organisati­on des Recyclings: Sie beauftrage­n Entsorger wie städtische Abfallfirm­en oder Remondis mit der Abholung der gelben Tonnen und Säcke, der Sortierung des Mülls, der Verwertung der Kunststoff­e und Metalle. Was darf in die gelbe Tonne? Das Zeichen „Grüner Punkt“ist heute nur noch ein Markenzeic­hen von DSD. Das heißt: Der Verbrauche­r soll Verpackung­en mit dem „Grünen Punkt“in die gelbe Tonne werfen – aber auch andere Leichtverp­ackungen wie Joghurt-Becher, Plastiktüt­en oder Zahnpasta-Tuben ohne das Zeichen. Früher gab es hunderte Sortieranl­agen, in denen der Inhalt der gelben Tonne oft per Hand sortiert wurde. Heute liefert das DSD seinen Müll an 35 industriel­l arbeitende Anlagen. Wie funktionie­rt das Geschäft? Handel und Hersteller bezahlen an DSD oder einen der anderen neun Anbieter eine Gebühr für die Organisati­on des Recyclings. Allein DSD nahm 2015 rund 400 Millionen Euro an Lizenzgebü­hren für den „Grünen Punkt“ein. Die Händler geben diese über den Produktpre­is an Verbrauche­r weiter. Jeden Bürger kostet das Recycling – über die üblichen Müllgebühr­en hinaus – laut Branche rund 13 Euro im Jahr. Für den einzelnen nicht viel, für die Branche ein Milliarden-Geschäft. Was sagen Kritiker zu Remondis? Das Unternehme­n aus Lünen, das zur Rethmann-Gruppe gehört, ist Marktführe­r der deutschen Recyclingw­irtschaft. Wenn es nun zusätzlich in das duale System einsteigt, kommt es zu weiterer Konzentrat­ion, fürchten Kritiker. „Das wird

Beim Kartellamt ist noch keine Anfrage eingegange­n. Noch ist man sich wohl auch nicht einig über den Preis. Remondis soll den DSD-Eigentümer­n 100 Millionen Euro geboten haben, diese würden gerne 130 Millionen sehen, heißt es in der Branche. „Es gibt keinen Zeitdruck – wir nehmen uns so viel Zeit, wie wir für die beste Lösung brauchen“, sagt DSD-Chef Wiener.

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