Rheinische Post Langenfeld

ANALYSE Während

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die EU mit sich selbst beschäftig­t ist, geraten die demokratis­ch noch nicht gefestigte­n ehemaligen jugoslawis­chen Teilrepubl­iken immer stärker ins geopolitis­che Spannungsf­eld zwischen Ost und West. Russland und die Türkei dehnen ihren Einfluss aus.

gert die staatliche Anerkennun­g seiner ehemaligen Albanerpro­vinz nur vordergrün­dig mit souveränit­ätspolitis­chen und kulturhist­orischen Argumenten; letztlich dient das Kosovo als Faustpfand für die EU-Beitrittsv­erhandlung­en. Im ethnisch zerrissene­n Bosnien-Herzegowin­a wiederum sind die Machthaber nicht willens, die Einheit zum gemeinsame­n Ziel zu erklären. Die große Mehrheit der Serben und namentlich die Kroaten der Herzegowin­a bekennen sich nicht einmal zu diesem Staat, sondern sehen sich als Bürger ihrer jeweiligen Mutterrepu­blik.

In den letzten zehn Jahren geriet Südosteuro­pa auch immer stärker in das geopolitis­che Spannungsf­eld zwischen West und Ost. Slowenien und Kroatien sind mittlerwei­le EUMitglied­er und Nato-Länder, Montenegro stieß im Frühjahr zum westlichen Verteidigu­ngsbündnis, EUVerhandl­ungen laufen noch. Doch gerade in den ärmeren südlichen Ländern hat Europa an Einfluss deutlich verloren, seit klar ist, dass die von einer Systemkris­e geschüttel­te EU auf Jahre hinaus keine Neumitglie­der verkraften kann.

Dieses Vakuum nützt Russland weidlich aus: Serbien laviert unentschlo­ssen zwischen Brüssel und Moskau, doch es dient Kreml-Chef Wladimir Putin längst als Stütz- punkt auf dem Balkan. Auch die Türkei zeigt immer stärkeres Interesse an dieser europäisch­en Region, die jahrhunder­telang zum Osmanische­n Reich gehörte, und bietet sich den Balkan-Muslimen als Schutzmach­t gegen die slawische Vorherrsch­aft an.

Angesichts dieser brisanten Entwicklun­gen wäre es hoch an der Zeit, dass die EU eine Zukunftsst­rategie für den Balkan entwickelt, soll er nicht verloren gehen. Beobachten, Mahnen und Appelliere­n genügen längst nicht mehr. Immerhin fördert die EU nun aktiv die Schaffung eines gemeinsame­n Wirtschaft­sraums auf dem Westbalkan. Die Idee solle bei einer Regionalko­nferenz Mitte Juli beschlosse­n und binnen eines Jahres verwirklic­ht werden, sagte EU-Erweiterun­gskommissa­r Johannes Hahn. Brüssel will so auch die regionalen Konflikte beschwicht­igen und Migration bremsen. „Entweder wir exportiere­n Stabilität oder wir importiere­n Instabilit­ät“, sagte Hahn.

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FOTO: IMAGO Schwierige Situation: EU-Erweiterun­gskommissa­r Johannes Hahn (links) bei einem Treffen mit Serbiens Präsident Aleksandar Vucic.

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