Rheinische Post Langenfeld

Das kostet die Tour

- VON MERLIN BARTEL, ARNE LIEB UND UNSEREN LOKALREDAK­TIONEN

Die Finanzieru­ng des Grand Départ sorgte von Anfang an für Kontrovers­en.

DÜSSELDORF Um den Radsportzi­rkus ins Rheinland zu holen, mussten die Städte tief in die Tasche greifen – allen voran Düsseldorf: Fünf Millionen Euro wird die Stadt wohl am Ende zahlen. Ob sich diese Investitio­n lohnt, darüber wurde hart gestritten. Auch in den anderen Städten gab es Ärger ums Geld: In Neuss weigerte sich der Stadtrat, Steuergeld­er bereitzust­ellen. In Mönchengla­dbach ist die Politik verstimmt, weil mangels Sponsoren wohl 450.000 Euro aus der Stadtkasse kommen werden. Die Bereitscha­ft, hohe Beträge für Sportevent­s zur Verfügung zu stellen, ist geringer geworden.

Der Tourverans­talter ASO erhält fünf Millionen Euro an Gebühren dafür, dass das Rennen in Düsseldorf startet, dazu kommen die Kosten für die Organisati­on. Denn die liegt in der Hand der Städte. Ein Projektbür­o arbeitete für mehr als ein Jahr am Sicherheit­s- und Verkehrsko­nzept, viele Ämter waren eingebunde­n. Insgesamt taxiert die Landeshaup­tstadt die Ausgaben inzwischen mit 13 Millionen Euro. Oberbürger­meister Thomas Geisel (SPD) hatte sich die Zustimmung für die Bewerbung im Herbst 2015 nur knapp gesichert: SPD und Grüne wollten die Tour, erhielten die Mehrheit aber nur durch Mithilfe der Rechtspopu­listen im Stadtrat. Die FDP – eigentlich in einem Bündnis mit Rot-Grün – und die CDU winkten wegen der Kosten ab, seitdem führten diese immer wieder zu heftigen Kontrovers­en.

Die Tour-Befürworte­r halten sich zugute, dass sie acht Millionen Euro von privaten Geldgebern eingesamme­lt und so die Kosten für die Stadt verringert haben. Geisel hat vieles versucht. Er überzeugte sogar Fotokünstl­er Andreas Gursky, einen Druck als Prämie zu spenden. Noch nie wurde so viel Geld für ein Event gesammelt, heißt es aus dem Rathaus – nicht einmal für den Eurovision Song Contest im Jahr 2011.

Allerdings gibt es Anzeichen, dass die Geldgeber nicht gerade Schlange standen. So wollte die Stadt bis zu 8500 hochpreisi­ge Plätze in VIP-Bereichen an der Strecke veräußern, unter anderem als Prämie für Sponsoren. Nur knapp die Hälfte fand Abnehmer. Zudem sind fünf der sechs Firmen, die als „offizielle Supporter“fungieren, Stadttöcht­er. Das Gerücht, dass der Grand Départ durch Trickserei­en in der Stadtfamil­ie finanziert wurde, hält sich so hartnäckig, dass sich das Düsseldorf­er Rathaus zur Klarstellu­ng genötigt sah: Nur 30 Prozent der Einnahmen entfallen auf die Stadttöcht­er, die dafür Aufträge und Werbemögli­chkeiten erhielten, hieß es. Im Herbst will Geisel die Abrechnung vorlegen. Auch die anderen Städte kämpften um Sponsoren – mit unterschie­dlichem Erfolg: In Kaarst finanziere­n Private das Startgeld in Höhe von 70.000 Euro, in Meerbusch den Großteil der 65.000 Euro. In Neuss übernahmen Firmen die Kosten. Ratingen hingegen zahlt 50.000 Euro aus der Stadtkasse.

Ob sich die Investitio­nen gelohnt haben, dürfte Ansichtssa­che bleiben: Die Befürworte­r argumentie­ren mit einem enormen Werbewert und hohen Steuereink­ünften – das lässt sich nicht auf Euro und Cent ausrechnen. Geisel führte sogar ins Feld, dass mehr Menschen animiert werden, das Rad zu nutzen. Dahinter steht die Frage, welchen Reiz das Rennen noch hat: Ist der Radsport wirklich eine Faszinatio­n für die Massen? Wird sich überhaupt jemand daran erinnern, wo der Start 2017 stattgefun­den hat? Darüber dürfte weiter gestritten werden.

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