10 Jahre Rhein Rock auf der Bürgerwiese
2000 Besucher feierten am Samstag ein grandioses Open-Air-Spektakel.
BAUMBERG „Iron Maiden“steht auf dem schwarzen T-Shirt von Tobias, mit den Händen spielt er Luftschlagzeug zum Beat der HardcoreBand Annisokay aus Halle; er ist eins mit der Musik, seine Augen saugen das Geschehen auf der Bühne und die vielen Eindrücke um ihn herum auf: Vor der Bühne wird wild gemosht („pulkartiges, nicht aggressives Schubsen und Rempeln zur Metalmusik“), geheadbangt („wildes Schütteln der langen Haare, durch Kopfbewegungen nach vorne und hinten“), Kumpels prosten sich mit Bier aus Hartplastikbechern zu, anderen genießen stehend den besonderen Moment. „Das ist toll hier“, schreit Tobias begeistert gegen den harten Sound an, und damit spricht er den rund 2000 Besuchern des Festivals wohl aus der Seele.
Tobias ist sechseinhalb, das Rhein-Rock-Festival ist sein allererstes Livekonzert überhaupt. Der kleine Metalfan aus Zons kennt sich trotzdem aus und beweist ziemlich guten Geschmack. „Die Besten kommen zum Schluss und das sind Emil Bulls. Und damit ich die sehen kann, habe ich heute sogar einen Mittagsschlaf gemacht“, erklärt er stolz während einer Umbaupause. Papa Andreas nickt. „Wir haben von dem Festival im Internet gelesen und dachten uns, dass das Ambiente hier geeignet sein könnte für einen Besuch mit Kind“. Mama Sarah ergänzt. „Wir haben auch den Veranstalter kontaktiert und nachgefragt, er hat uns nur geraten, Tobias einen Kopfhörer zum Schutz aufzusetzen, das hatten wir aber sowieso vor. Und wir haben sogar noch ein Treffen mit der Band gehabt. Die Musiker spielten eine halbe Stunde mit Tobias Fußball – das war total klasse.“Ungefähr zeitgleich backstage: Unzählige Helfer sind dabei, im Cateringzelt Brötchen zu schmieren, insgesamt sind es 1700 Stück. Es gibt frisches Obst für die Musiker und ihre Crews, Tomatenund Gulaschsuppe, kleine Snacks, Süßigkeiten. „Starallüren hat hier bis jetzt keiner gezeigt“, sagt Anne vom Rhein Rock- Team. „Ganz im Gegenteil: Die freuen sich alle über unser kleines, aber feines Angebot“. Sängerin Franzi kommt herein getänzelt, die langen roten Haare zum Zopf gebunden, ein paar Schweißtröpfchen rinnen über die Stirn, sie wirkt fröhlich, ausgelassen, glücklich. Ihre Punkrockband „Clean Slate“hat als Opener gespielt, um 13 Uhr bei praller Mittagshitze. „Es ist immer schwierig, als erste Band zu spielen, aber es hat richtig gut geklappt, naja außer“,– Franzi grinst Anne zu und zwinkert, „dass unser Gitarrenverstärker schlappgemacht hat. Wir haben das aber ganz gut überbrückt.“
Kuttenträger Walter bevorzugt den hinteren Bereich des Festivalgeländes. Zahlreiche Bierbankgarnituren bieten Platz zum gepflegten Beisammensein, hier riecht es nach Pommes und Rostbratwurst, die Getränkestände befinden sich in unmittelbarer Nähe und: Dort kann man auch während der Liveacts re- den, ohne dem anderen ins Ohr zu schreien. Ein paar Bier hat Walter, frischgekürter „Vizepräsi“der Motorradfreunde „Shadow Dragons“, bereits intus, für ihn und seine Jungs gehört das Rhein Rock zum alljährlichen Open-Air-Highlight. „Wir sind heute zum zehnten Mal hier“, sagt Walter. „Wir sehen zwar wild aus, aber wir sind alle nette Kerle. Wir freuen uns total auf Emil Bulls.“
Noch eher unbekannte Lokalbands bekommen hier ihre Chance, gehört, gesehen oder eventuell sogar entdeckt zu werden. Und damit die Menschen auch kommen, gilt es, namhafte Zugpferde für das Open Air zu gewinnen. Um 22.30 Uhr ist der große Moment gekommen, auf den doch die meisten letztlich gewartet haben. Der Vollmond begrüßt die Musiker von Emil Bulls aus München,
Kunstnebel verfliegt, die Jungs rocken an, die Fangemeinde ist außer sich, zeigt sich textsicher, liegt sich in den Armen. Emil Bulls sind eine absolute Größe in der Metalszene. Jetzt stehen sie in Monheim auf der Bühne, mit so viel Lust und Leidenschaft, als spielten sie bei Rock am Ring vor 70.000 Menschen.