Rheinische Post Langenfeld

Milan rüstet auf

- VON ROBERT PETERS

Rund 190 Millionen Euro geben die chinesisch­en Investoren in diesem Sommer für Transfers aus.

MAILAND/DÜSSELDORF Man kennt das von kleinen Kindern. Irgendwann sind sie sogar das schönste Spielzeug leid. So erging es auch dem Unternehme­r und Politiker Silvio Berlusconi (80). Er hatte mal ein Lieblingss­pielzeug. Weil er kein Kind ist, obwohl es in der Öffentlich­keit gelegentli­ch ganz anders aussah, kaufte er sich vor 31 Jahren selbst einen Fußballklu­b. Im Ruhm des AC Mailand sonnte sich der Besitzer und Präsident fortan. Und Ruhm gab es reichlich. Seit 1986 hat Milan fünfmal die Champions League und achtmal die italienisc­he Meistersch­aft gewonnen.

Aber auch weil das Firmenimpe­rium Berlusconi­s in den vergangene­n Jahren nicht mehr so furchtbar viel Geld in den Klub pumpen konnte, ging es schleichen­d abwärts mit Milan. Es fiel folglich auch weniger Glanz auf seinen Besitzer. Und der verlor den Spaß an seinem Spielzeug. In diesem Frühjahr verkaufte er es für 520 Millionen Euro an die chinesisch­e Investoren-Gruppe Sino-Europe Sports Investment Management Changxing.

An deren Spitze steht der Unternehme­r Li Yonghong (48). Der ist im Vergleich zum Italiener Berlusconi, der noch keine Kamera umdribbelt hat, ein eher unscheinba­rer und offenbar kühl taktierend­er Geschäftsm­ann. Er sieht den Klub weniger als Spielzeug, das ihn auf die bunten Seiten der Boulevardb­lätter bringen könnte, sondern als ein sportwirts­chaftliche­s Investment. Und er verspricht: „Wir werden wieder groß werden, in Italien und Europa.“

Das hat Li mit bemerkensw­erten Investitio­nen unterstric­hen. 190 Millionen Euro haben die Chinesen allein in dieser Transferpe­riode für neue Spieler ausgegeben – unter ihnen Italiens bester Verteidige­r, Leonardo Bonucci (42 Millionen), der eigentlich zu Juventus Turin gehörte wie Fiat und Gigi Buffon, der Portugiese André Gomes (38 Millionen) und der ehemalige Leverkusen­er Hakan Calhanoglu (25 Millionen). Und die Wechselfri­st ist noch nicht vorbei. Milan hat deshalb bis gestern laut über eine Verpflicht­ung des Bundesliga-Torschütze­nkönigs Pierre-Emerick Aubameyang nachgedach­t. Angeblich ist dessen Klub Borussia Dortmund nun aber weniger an üppigen Ablösesumm­en als an Planungssi­cherheit interessie­rt. „Wir betrachten das Transferfe­nster für ihn als geschlosse­n, da ansonsten die Zeit zu knapp geworden wäre“, sagte Spordirekt­or Michael Zorc gestern während der Asienreise des Klubs. Das ist auch eine Absage an den FC Chelsea, der dem Vernehmen nach 70 Millionen Euro geboten hat.

Gestern konnten sich die Mailänder bei einem Testspiel beider Mannschaft­en im chinesisch­en Guangzhou live ein Bild von Aubameyang­s Qualitäten machen. Der Gabuner erzielte beim 3:1-Erfolg des Bundesligi­sten zwei Treffer. Nuri Sahin schoss den BVB mit 1:0 in Führung; Carlos Bacca brachte die Italiener zwischenze­itlich auf 1:2 heran.

Für Mailand gehört die Reise nach China vor dem Saisonstar­t zum Pflichtpro­gramm, das die neuen Besitzer verordnen. Sie wollen den sportliche­n Teil des Konzerns natürlich in der Heimat vorstellen. Dortmund zählt zu jenen europäisch­en Vereinen, die den asiatische­n Markt für sich erschließe­n wollen. Beide Klubs nehmen dafür die Strapazen einer kurzfristi­gen Reise in eine andere Zeitzone buchstäbli­ch in Kauf – eine gewisse Verschleiß­bereitscha­ft ist Teil des Geschäfts.

Im Vergleich zum AC Mailand kommt Dortmund als finanziell bescheiden­e Größe daher. Der BVB steuert als zweitgrößt­er deutscher Klub hinter den Bayern inzwischen zwar auf einen Jahresumsa­tz von 400 Millionen Euro zu, von dem chinesisch­en Spielgeld im SommerTran­sfergeschä­ft können die Westfalen aber nicht mal verschämt träumen. Milans Besitzer haben sich vertraglic­h verpflicht­et, jährlich mindestens 150 Millionen Euro zu investiere­n. In diesem Jahr könnte es bereits gut und gerne das Doppelte werden.

„Das Ziel“, sagt Geschäftsf­ührer Marco Fassone ganz im Stil der chinesisch­en Besitzer, „ist, Milan zu altem Ruhm und an die Weltspitze zu führen.“Dafür soll Trainer Vincenzo Montella sorgen. „Ich bin optimistis­ch, dass wir das schaffen“, sagt der Coach. Etwas anderes wollen seine neuen Herren auch nicht hören.

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FOTO: REUTERS Schaulaufe­n in Guangzhou: José Mauri (li.) vom AC Mailand und Marc Bartra (Borussia Dortmund) beim Spitzentan­z.

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