Rheinische Post Langenfeld

Im Weißen Haus verschiebt sich die Machtbalan­ce

- VON INES ZÖTTL FOTO: DPA

WASHINGTON Seinen ersten Auftritt als künftiger Kommunikat­ionschef des Weißen Hauses beendete Anthony Scaramucci mit einer Kusshand für die Journalist­en. Aber davon sollte sich niemand täuschen lassen: Scaramucci­s Liebe, wie er selbst beteuerte, gehört allein Donald Trump. „Ich liebe den Präsidente­n, und ich bin sehr, sehr loyal. Und ich liebe die Mission des Präsidente­n.“Über weite Strecken schien es, als führe er keinen Dialog mit den Reportern, sondern mit seinem selbstverl­iebten Arbeitgebe­r ein paar Flure weiter. Aus dessen Sicht dürfte der Neue die Probe bestanden haben: eloquent, selbstbewu­sst, loyal bis zur Selbstverl­eugnung. So sehr, dass Scaramucci seine frühere Kritik an Trump zu „einem meiner größten Fehler“erklärte und alte Twitter-Nachrichte­n löschte.

Doch der 53-Jährige Wall-StreetFina­ncier mit festgegelt­em Haar und Wolfsläche­ln hat nichts von einem Duckmäuser. Im Gegenteil: Scaramucci liebt die Selbstdars­tellung. Der Harvard-Absolvent beherrscht die Provokatio­n, aber er kann auch geschmeidi­g und charmant. Und der Sohn eines italienisc­hen Einwandere­rs ist reich. Seinen Hedgefonds hat er vor dem Wechsel in die Politik verkauft, an Investoren mit Verbindung­en zum chinesisch­en Regime.

Stabschef Reince Priebus und Chefstrate­ge Steve Bannon hätten sich mit Händen und Füßen gegen die Berufung gewehrt, berichten USMedien. Weil Scaramucci keine Presseerfa­hrung hat. Aber wohl vor allem, weil der Abgang des bisherigen Sprechers Sean Spicer Priebus’ Machtbasis weiter schmälert, der ihn geholt hatte. Und Bannon fürchtet, dass Scaramucci seiner nationalis­tischen Anti-Globalisie­rungs-Agenda im Weg steht. „Das war Mord an Reince und Bannon. Sie haben gesagt, dass Anthony den Job nur über ihre Leiche bekommt“, zitierte das Magazin „Politico“einen Regierungs­vertreter.

Neue Pressespre­cherin wird Spicers bisherige Stellvertr­eterin, die 34-jährige Sarah Huckabee Sanders. Sie ist die Tochter des ehemaligen Gouverneur­s von Arkansas. Mit der Entscheidu­ng für Scaramucci verdichtet sich das Machtzentr­um im Weißen Haus weiter. Trump vertraut vor allem der eigenen Familie – und sich selbst. Scaramucci erklärte, er werde direkt an den Präsidente­n berichten. Die Gerüchte brodeln, dass er in nicht allzu ferner Zukunft den Job als Stabschef übernimmt.

„Ich liebe den Präsidente­n und bin sehr,

sehr loyal“

Anthony Scaramucci

Trumps neuer Kommunikat­ionschef

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