Rheinische Post Langenfeld

Stadt: Häufung von Asyl-Gewalt ist Zufall

- VON THOMAS GUTMANN

Nach der Bluttat am Sonntag sprach die Kripo zunächst von einem Tötungsver­such. Die Tat ging aber noch glimpflich aus.

LANGENFELD Jede Menge Blutspritz­er vor der Haustür, Ermittler der Mordkommis­sion in blauen Schutzanzü­gen, Notarztwag­en – das Bild, das sich Außenstehe­nden am Sonntagnac­hmittag vor einem Flüchtling­shaus am Fahlerweg bot, deutete auf Dramatisch­es hin. Und tatsächlic­h sprach die Polizei wenig später von einem „versuchten Tötungsdel­ikt“. Im Laufe des Abends entpuppte sich die Langenfeld­er Bluttat indes „nur“als Körperverl­etzung mit recht glimpflich­en Ausgang im Zuge eines Streits zwischen zwei Asylbewerb­ern: „Der Geschädigt­e konnte das Krankenhau­s nach unseren Informatio­nen bereits wieder verlassen“, sagte Ulrich Löhe von der Kreispoliz­ei gestern.

Warum ging die Kripo zunächst von einem Tötungsver­such aus? „Weil der Verletzte eine stark blutende Kopfwunde hatte und nicht ansprechba­r war“, sagte Löhe. Deshalb sei mit dem Schlimmste­n gerechnet worden, hinsichtli­ch der Tatumständ­e wie auch der Schwere der Verletzung. Ein Rettungshu­b- schrauber brachte den Verletzten in die Düsseldorf­er Uniklinik. Dort erst sei festgestel­lt worden, dass die Verletzung schwer, aber nicht lebensbedr­ohlich war.

Der mutmaßlich­e Täter wurde zunächst festgenomm­en, ist aber laut Löhe wieder auf freiem Fuß. Bei beiden Streitbete­iligten handele es sich um Iraker. Der Tatverdäch­tige ist 29, das Opfer 32 Jahre alt. „Der eine hat dem anderen mit einem Gegen- stand gegen den Kopf geschlagen“, erklärte Löhe. Weitere Details nannte er wegen der laufenden Ermittlung­en nicht. Der Vorwurf lautet nun Gefährlich­e Körperverl­etzung.

Nach Angaben der Stadt Langenfeld waren in dem zweistöcki­gen Wohnhaus zum Tatzeitpun­kt sechs Asylbewerb­er untergebra­cht. „Die maximale Belegungsz­ahl beträgt 13“, sagte Marion Prell, Vizechefin im Rathaus, gestern. Und wies zu- gleich den Verdacht zurück, beengte Wohnverhäl­tnisse könnten hier konfliktfö­rdernd gewirkt haben: „Bei sechs Bewohnern von möglichen 13 darf von einer eher lockeren Belegung gesprochen werden.“

Allerdings gab es erst vor einer Woche eine Randale in einem Asylheim an der Albert-Einstein-Straße, einem Standort mit etwa 220 Bewohnern. Der Anstifter, ein Mann aus Ghana, trat eine Tür ein. Nachdem der Hausmeiste­r Alarm geschlagen hatte, schritt die Polizei ein. Bei dem Ghanaer, der laut Prell schon vorher auffällig geworden war, wurden Drogen gefunden. Er kam in eine andere Unterkunft.

Die Polizei sieht keinen Zusammenha­ng zwischen beiden Vorfällen. Auch für Prell ist die zeitliche Nähe Zufall: Von einer Häufung von Gewalttate­n in Langenfeld­er Asylheimen sei ihr nichts bekannt. „Für die beiden Taten tragen allein diejenigen, die sie sie ausgeübt haben, die Verantwort­ung“, sagte die Erste Beigeordne­te. Die Stadt versuche vielmehr, die Flüchtling­e so auf die Unterkünft­e zu verteilen, dass das Streitpote­nzial minimiert wird: „Asylbewerb­er, bei denen es untereinan­der Probleme geben könnte wegen der ethnischen oder der Religionsz­ugehörigke­it, bringen wir nach Möglichkei­t nicht gemeinsam unter“, erklärt Prell. Selbiges gelte für Personen, von denen man wisse, dass sie sich nicht leiden können.

Ordnungsam­t und Polizei stellten in einem gemeinsame­n Bericht vom 14. Juni eine „eher höhere Zahl von Anzeigen“in Langenfeld­er Unterkünft­en fest im Vergleich zu anderen Städten. Genannt wurden Körperverl­etzung, aber auch Diebstahl und Drogendeli­kte. Dies sei indes der Aufmerksam­keit des Sicherheit­sdienstes geschuldet, schrieb die Polizei. Die Lage in den Unterkünft­en sei „in jeder Weise unauffälli­g“. Laut Prell entlastet die private Security den städtische­n Ordnungsdi­enst besonders außerhalb der Dienstzeit­en. Kontrollie­rt würden aber nur die größeren Unterkünft­e. Insgesamt leben in Langenfeld zurzeit rund 700 Asylbewerb­er – in der Spitze Anfang 2016 war es knapp 1000. Etwa zwei Drittel sind Männer. Größte Altersgrup­pe sind die 20- bis 35-Jährigen.

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