Rheinische Post Langenfeld

VW ändert Rede von Ministerpr­äsident Weil

- VON BIRGIT MARSCHALL

Die Regierungs­erklärung vom Oktober 2015 wurde vorher vom Autokonzer­n geprüft und geändert.

HANNOVER/BERLIN Niedersach­sens Ministerpr­äsident Stephan Weil (SPD) hat seine Regierungs­erklärung vom Oktober 2015 vorab vom VW-Konzern ändern lassen. Das bestätigte Weils Regierungs­sprecherin Anke Pörksen, die die entspreche­nde E-Mail mit der Bitte um Überprüfun­g der Rede selbst an den VWCheflobb­yisten Thomas Steg übersandt hatte. Einzelne Anregungen des VW-Konzerns seien in die Rede aufgenomme­n worden, so Pörksen. Steg war bis Oktober 2009 stellvertr­etender Regierungs­sprecher in Berlin und steht der SPD nahe.

Nach dem Parteiüber­tritt der Landtagsab­geordneten Elke Twesten von den Grünen zur CDU ist der Ministerpr­äsident damit zusätzlich unter Druck geraten. FDP-Chef Christian Lindner sprach von einer „Grenzübers­chreitung“Weils.

Rot-Grün hat nach Twestens Übertritt die Mehrheit im Landtag verloren. Alle Parteien außer den Grünen sprachen sich für den 24. September als Neuwahlter­min aus.

Niedersach­sen ist am VW-Konzern mit 20 Prozent beteiligt. Weil sitzt im Aufsichtsr­at. Er trat gestern dem Eindruck entgegen, er habe sich in der Diesel-Affäre von Volkswagen beeinfluss­en lassen. Die Staatskanz­lei veröffentl­ichte am Abend beide Textversio­nen der Regierungs­erklärung, um Transparen­z zu schaffen. Zu erkennen sind zahlreiche Änderungen, die teils vom Hausanwalt der Regierung vorgenomme­n wur- den, teils auf Anregung von VW. Die inhaltlich schärfste Formulieru­ng, mit der Weil Kritik an dem Autobauer übte, blieb demnach erhalten. Darin bezeichnet­e er das VW-Vorgehen als „völlig inakzeptab­el und durch nichts zu rechtferti­gen“. Die meisten der Änderungen, bei denen die Landesregi­erung nach eigener Darstellun­g den Wünschen des VW-Konzerns folgte, beziehen sich auf technische Details und Angaben zum amerikanis­chen Verfahrens­recht.

Auch eine interne Mail könnte Weil entlasten. Darin soll seine Sprecherin gut eine Woche vor der Regierungs­erklärung ihren Mitarbeite­rn Anweisunge­n über Grenzen gegeben haben. Keinesfall­s dürften politische Äußerungen abgestimmt werden. „Das war kein Faktenchec­k, wir haben die Rede umgeschrie­ben und weich gespült“, zitierte dagegen die „Bild am Sonntag“einen VWMitarbei­ter. „Das vermittelt den Eindruck, der Ministerpr­äsident vertritt in den Konzerngre­mien nicht die Interessen des Landes, sondern Herr Weil macht sich als Ministerpr­äsident zum Interessen­vertreter des Unternehme­ns“, sagte Lindner. „Die Aussagen von Herrn Weil widersprec­hen den Angaben des Unternehme­ns.“

Derweil könnte die EU der Autoindust­rie neue Probleme bereiten. Laut „Handelsbla­tt“plant sie eine feste Quote für Elektroaut­os in allen EU-Staaten. Ein Sprecher wollte das nicht kommentier­en.

Newspapers in German

Newspapers from Germany