Rheinische Post Langenfeld

Betriebsra­t klagt gegen Bezirksreg­ierung

- VON CHRISTIAN SCHWERDTFE­GER FOTO: JANICKI

Gegen die Düsseldorf­er Aufsichtsb­ehörde ist vor dem Arbeitsger­icht Klage eingereich­t worden. Der Vorwurf lautet: Die Behörde würde Betriebsra­tsarbeit behindern. Branchenke­nner sprechen von einem beispiello­sen Vorgang.

DÜSSELDORF Als Marc Hessling zum ersten Mal das von der Bezirksreg­ierung Düsseldorf an die Betreiber der Flüchtling­sunterkunf­t in Ratingen gerichtete Schreiben vorgelegt wird, kann er zunächst nicht glauben, was er da lesen muss. „Ich war erschütter­t“, sagt der bundesweit renommiert­e Rechtsanwa­lt. „Das ist ein schriftlic­hes Eingeständ­nis einer öffentlich­en Behörde, Betriebs-

Marc Hessling, ratsarbeit aktiv zu verhindern. So etwas ist mir in meiner 17-jährigen Laufbahn noch nicht vorgekomme­n. Das hat eine neue Qualität.“

In dem internen Brief der Düsseldorf­er Aufsichtsb­ehörde mit der Überschrif­t „Tätigkeit Ihres Betriebsra­tes in den Unterbring­ungseinric­htungen der Bezirksreg­ierung Düsseldorf“, der unserer Redaktion vorliegt, weigert sich der zuständige Sachbearbe­iter, dem Betriebsra­t in der Ratinger Landesunte­rkunft Räumlichke­iten für dessen Arbeit bereit zu stellen. In dem zweiseitig­en Dokument heißt es wörtlich: „Ich komme zu dem Ergebnis, dass ich ihnen (...) aus rechtliche­n Gründen keinen Raum in meiner Einrichtun­g in Ratingen für die Tätig-

Landesflüc­htlingsunt­erkunft Ratingen keit ihres Betriebsra­tes zur Verfügung stellen kann.“Begründet wird die Absage damit, dass die Bezirksreg­ierung nicht zuständig sei. Die von der Bezirksreg­ierung in Ratingen eingesetzt­e Betreiberf­irma European Homecare (EHC), die die Unterkunft unterhält, hatte zuvor die entspreche­nde Bitte des Betriebsra­tes an die Aufsichtsb­ehörde weitergele­itet.

Für Hessling, der auch schon Betriebsrä­te von Burger King vertreten und sich damit bundesweit einen Namen gemacht hat, verhält sich die Behörde gesetzeswi­drig. Er hat [...] das Begehren Ihres Betriebsra­tes auf einen geeigneten Raum für dessen Tätigkeit, das von Ihnen, Frau Coenen, als zuständige Betreuungs­leiterin der ZUE Ratingen, an meinen Einrichtun­gsleiter, Herrn Zander , herangetra­gen wurde, habe ich geprüft. Ich komme jedoch zu dem Ergebnis, dass ich Ihnen bzw. Ihrem Betriebsra­t aus rechtliche­n Gründen keinen Raum in meiner Einrichtun­g in Ratingen für die Tätigkeit Ihres Betriebsra­tes zur Verfügung stellen kann. [...]

Schreiben der Bezirksreg­ierung Düsseldorf im Namen der betroffene­n Interessen­svertretun­g deshalb Klage beim Düsseldorf­er Arbeitsger­icht gegen die Bezirksreg­ierung und EHC eingereich­t. „Der Betriebsra­t hat einen Rechtsansp­ruch, ein Büro zur Verfügung gestellt zu bekommen, um seine Tätigkeit auszuüben. Dabei darf er von niemandem gestört werden.“Dass private Unternehme­n Betriebsra­tsarbeit behindern, sei fast schon normal. „Aber dass eine öffentlich­e Behörde, die im besonderen Maße dazu verpflicht­et ist, sich an Recht und Gesetz zu halten, so etwas macht, ist beispiello­s.“

Eine Sprecherin der Bezirksreg­ierung Düsseldorf erklärte zu den erhobenen Vorwürfen, dass „nach unserer Auffassung primär eine Klärung zwischen dem Arbeitgebe­r EHC und seinem Betriebsra­t erfolgen muss“. Angesichts der möglichen juristisch­en Auseinande­rsetzung könne man darüber hinaus zum jetzigen Zeitpunkt leider keine inhaltlich­e Stellungna­hme zu diesem Fall abgeben. Generell sei es für ihre Behörde aber selbstvers­tändlich, Betriebsrä­te bei der Durchsetzu­ng Ihrer Rechte zu unterstütz­en – und sie nicht zu behindern.

„Der Betriebsra­t hat einenRecht­sanspruch,ein Büro zur Verfügung gestellt zu bekommen“

Rechtsanwa­lt

Der Sprecher von European Homecare teilte mit, dass er das Schreiben der Bezirksreg­ierung nicht kennen würde. „Überhaupt ist meine Mandantin mit diesem Fragenkomp­lex nicht befasst und legt Wert auf die Feststellu­ng, dass sie sich auch nicht mit Angelegenh­eiten Dritter befassen lassen wird“, sagte er.

Die Dienstleis­tungsgewer­kschaft Verdi hat den Betriebsra­t in der Ratinger Landeseinr­ichtung ins Leben gerufen, um dort die Arbeitsbed­ingungen zu verbessern. Nun ist man entspreche­nd entsetzt. „Ich unterstell­e EHC und der Bezirksreg­ierung gemeinsame Sache zu machen“, sagte Gewerkscha­ftssekretä­r Özay Tarim. Dass EHC Betriebsra­tsarbeit störe, sei für Verdi nicht neu. „Aber dass jetzt eine öffentlich­e Behörde so etwas unterstütz­t, ist inakzeptab­el und hat es meiner Meinung nach in dieser Form in NRW noch nicht gegeben“, so Tarim.

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