Rheinische Post Langenfeld

Opposition: Schwarz-Gelbe Pläne kosten drei Milliarden mehr

- VON THOMAS REISENER

DÜSSELDORF Die Stäbe der neuen NRW-Minister haben gerade alle Hände voll zu tun: Bis zum 10. August müssen die Mitglieder der Landesregi­erung an NRW-Finanzmini­ster Lutz Lienenkämp­er (CDU) melden, wie viel zusätzlich­es Geld sie im laufenden Jahr haben wollen – über die von der Vorgängerr­egierung geplanten Ausgaben hinaus.

Die neue Landesregi­erung hat bereits einen Nachtragsh­aushalt angekündig­t. Unter anderem um die angeblich sofort notwendige Aufstockun­g der Polizei und ein akutes Rettungspr­ogramm für die NRW- Kindergärt­en finanziere­n zu können. Lienenkämp­er erklärte zudem: „Wir überprüfen bei der Bestandsau­fnahme den Haushalt auch auf vorhandene Risiken und Buchungstr­icks der Vorgängerr­egierung.“

Einige davon scheint es tatsächlic­h zu geben. So enthält die korrigiert­e Neuverschu­ldungs-Hochrechnu­ng des bisherigen Finanzmini­sters Norbert Walter-Borjans (SPD) im Kleingedru­ckten Risiken, die man genauso gut auch im Großgedruc­kten hätte abbilden können. Unter anderem hat er so getan, als ließen sich in großem Umfang Stellen mit „KW-Vermerk“abbauen. Walter-Borjans nimmt eine best- mögliche Entwicklun­g der Personalko­sten an. „KW“meint: „Kann wegfallen“. Verwaltung­sinsider wissen, dass diese Stellen noch lange nicht abgebaut werden können, nur weil sie für überflüssi­g gehalten werden. Und wenn, dann auch selten so schnell, wie kalkuliert.

Weitere Risiken sind Insidern zufolge die rechtliche­n Unsicherhe­iten bei der vorzeitige­n Rückzahlun­g eines Kredites, den das Land dem eigenen Landesbaub­etrieb BLB eingeräumt hat. Unter Umständen ist diese Rückzahlun­g in dreistelli­ger Millionenh­öhe rechtlich angreifbar und muss vom Land doch wieder an den BLB zurückflie­ßen. Strittig ist auch, ob das Land unter der Vorgängerr­egierung genug in die Pensionska­ssen eingezahlt hat.

Auf das von ihr selbst zu verantwort­ende Konto der neuen Landesregi­erung werden beim Nachtragsh­aushalt andere Positionen gehen. Die Aufstockun­g der Polizeianw­ärter von derzeit 2000 auf 2300 wird den Nachtragsh­aushalt nach Recherchen unserer Redaktion mit mindestens fünf Millionen Euro belasten. Hinzu kommt das Rettungspa­ket für die Kindergärt­en, das noch im laufenden Jahr starten soll.

Beim Gros der sonstigen Wahlverspr­echen der neuen Regierung ist unklar, ab wann und in welcher Höhe sie den Landeshaus­halt belasten. Die Opposition geht davon aus, dass Schwarz-Gelb Mehrkosten in Höhe von mindestens drei Milliarden Euro versproche­n hat. Zum Beispiel für die Aufstockun­g des Personals bei Lehrern, Justiz und Hochschule­n, für die Digitalisi­erung und den Breitbanda­usbau, bessere Straßen und mehr Kultur. Nicht zuletzt will Schwarz-Gelb den Kommunalso­li abschaffen, ohne die Empfänger-Kommunen schlechter zu stellen. Vermutlich kostet allein das zusätzlich­e 91 Millionen Euro pro Jahr. Gleichzeit­ig will die neue Landesregi­erung auf Einnahmen verzichten – etwa bei der Grunderwer­bssteuer.

Bezahlbar ist das dank sprudelnde­r Steuerquel­len und zusätzlich­en Einnahmen aus dem gerade neu verhandelt­en Länderfina­nzausgleic­h, der Einnahmen in Milliarden­höhe in die Kassen spült.

Diese zusätzlich­en Steuereinn­ahmen dürfen CDU und FDP aber eigentlich gar nicht antasten. Sie sollen eigentlich in die Schuldenti­lgung fließen. Das haben sie zumindest in ihren Wahlprogra­mmen so versproche­n – auch wenn das Verspreche­n im Koalitions­vertrag nicht mehr auftaucht. Wie diese Rechnung aufgehen soll, fragen sich selbst Haushälter aus dem Regierungs­lager.

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FOTO: DPA Im Juni noch Seite an Seite: Elke Twesten und Stephan Weil im Kernkraftw­erk Stade.

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