Kalenderblatt 7. August 1987
Das Wasser war eiskalt, durchschnittlich werden in der Beringstraße Temperaturen von vier Grad Celsius gemessen. Lynne Cox hatte schon einige Gewässer allein durch Muskelkraft durchquert. Der Ärmelkanal gehörte dazu, der Skagerrak zwischen Schweden und Norwegen und die Magellanstraße in Chile. Doch am 7. August 1987 stellte die Langstreckenschwimmerin sich ihrem schwierigsten Vorhaben – sportlich und politisch. Denn als sie von der zu Alaska gehörenden Insel Little Diomede hin zur Nachbarinsel Big Diomede schwamm, überquerte sie die Grenze zwischen den USA und der Sowjetunion. Sie habe zeigen wollen, dass die Weltmächte nicht Tausende von Meilen voneinander entfernt seien, sondern Nachbarn mit einer gemeinsamen Grenze. Die viereinhalb Kilometer in eiskalter See machten die Schwimmerin schlagartig berühmt. Elf Jahre hatte sie sich auf die Reise vorbereitet, lange hatte sie nach Unterstützern gesucht. Schließlich hatten vor allem die Inuit, die auf den Diomedes-Inseln lebten und von ihren Verwandten auf der Nachbarinsel durch den Kalten Krieg seit Jahrzehnten getrennt waren, ihre Hilfe zugesichert. Als Cox ihr Ziel erreicht hatte, wurde sie auf sowjetischer Seite begeistert empfangen. Zwei Staatschefs beglückwünschten sie gemeinsam zu ihrer Leistung: der amerikanische Präsident Ronald Reagan und der sowjetische Staatschef Michail Gorbatschow.