Rheinische Post Langenfeld

Abriss: Kroaten stehen ohne Vereinshei­m da

- VON THOMAS GUTMANN

Von den Nutzern der Baracken am KAG haben bisher nur die Spanier einen neuen Treffpunkt.

LANGENFELD Soweit wie „Zrinski und Frankopani“will Ante Raic nicht gehen. Zrinski und Frankopani, das waren zwei Fürsten, die im Kampf um die Eigenständ­igkeit Kroatiens ihr Leben ließen. Nach Zrinski und Frankopani ist die Kroatische Gemeinscha­ft in Langenfeld benannt. Für den Fortbestan­d des Kulturvere­ins kämpfen, das will Ante Raic, der Vorsitzend­e, aber sehr wohl. Und das wird er wohl auch müssen, denn der Verein wird ab Januar wohl ohne Vereinshei­m dastehen. Die städtische­n Baracken, in denen die Kroaten neben drei weiteren Vereinen und einem Kindergart­en untergebra­cht sind, werden im nächsten Jahr abgerissen. Grund: Das Konrad-AdenauerGy­mnasium (KAG) wird erweitert. Und da stehen die schlichten Flachbaute­n am Sändchen im Wege.

Der Kindergart­en zieht demnächst in einen schicken Neubau an der Langforter Straße. Und den vier Vereinen vom Sändchen hat die Stadt gekündigt. Am wenigsten schmerzt das die Italiener. Ihr Kulturvere­in „Acil“steht vor der Auflösung. „Wir sind vielleicht noch zehn Mitglieder und nicht mehr die Jüngsten“, sagt Bruno Pasacali, der den Verein 1988 gründete. „Die Anhänglich­keit der jungen Italiener an die Kultur ihrer Eltern ist einfach nicht so stark“, meint der 73-Jährige. „Nehmen Sie meine Kinder: Alle drei, zwischen 30 und 50 Jahre alt, haben den italienisc­hen Pass, sind aber faktisch Deutsche.“

Der Spanische Elternvere­in hat bereits eine neue Bleibe gefunden: im Haus des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) an der Jahnstraße. Noch auf der Suche ist nach Worten ihres Sprechers die Lebenshilf­e: „In der Räumlichke­it am Sändchen ist unsere Teestube und der Treffpunkt einer Kinder- und Jugendgrup­pe. In unseren eigenen Gebäuden haben wir eigentlich keinen Platz dafür“, sagt Jürgen Steinbrück­er.

Eine Existenzfr­age ist der Treffpunkt für die Behinderte­nhilfe-Vereinigun­g freilich nicht – anders als für die Kroaten. „Ohne den Raum steht der Bestand unserer Gemeinscha­ft auf dem Spiel“, befürchtet Ante Raic. Auf den 40 Quadratmet­ern mit Küchenzeil­e, Theke und TV treffen sich die Mitglieder fast jeden Sonntagabe­nd – nach der heiligen Messe auf kroatisch in St. Mariä Himmelfahr­t an der Hardt. „In der Woche trainiert hier unter anderem unsere Kinder-Folkloreta­nzgruppe, hinzukomme­n Geburtstag­e und andere gesellige Veranstalt­ungen“, sagt Raic.

Rund 400 Kroaten leben nach seiner Schätzung in Langenfeld, fast 70 davon sind Mitglied bei „Zrinski und Frankopani“. „Gerade in den vergangene­n Jahren hat unser Verein einen Aufschwung erlebt“, berichtet der 71-Jährige. Viele jüngere Leute seien hinzugekom­men, seien etwa als Kegler erfolgreic­h. Andere spielten Boccia.

„Wir sind bestens integriert und haben Integratio­n vorgelebt, arbeiten und zahlen Steuern“, betont der gelernte Automechan­iker, der aus Mostar in der Herzegowin­a stammt und 1970 als Gastarbeit­er nach Langenfeld kam. Deshalb wünscht er sich mehr Unterstütz­ung von der Stadt bei der Suche nach einem neuen Heim für seinen 1992 ge- gründeten Verein. „Im Rathaus heißt es, das sei unsere Sache“, ärgert sich Raic. „Das kann es doch nach 20 Jahren, die wir am Sändchen sind, nicht sein, oder?! Wir sind beim Internatio­nalen Familienfe­st im Freizeitpa­rk dabei, beim ZNS-Fest, beim Stadtfest. Und beim Langenfeld­er Kroatien-Jahr 2015 war die Begeisteru­ng noch groß. Unser Empfang sei so grandios gewesen wie keiner zuvor, hieß es damals.“

Im Rathaus heißt es, man wolle diese Verdienste gar nicht schmälern, erwarte aber mehr Eigeniniti­ative von den Kroaten bei der Suche nach einem neuen Heim. „Dass wir die Pavillons auf dem KAG-Gelände aufgrund baulicher Mängel aufgeben, ist dem Verein seit langem bekannt“, sagt Marion Prell, Vizechefin der Stadtverwa­ltung. Sie habe dem Vorsitzend­en zwei Vermieter potenziell­er Räumlichke­iten vermittelt – ohne Erfolg. Dies möglicherw­eise auch deshalb, weil der Verein nur über „sehr niedrige finanziell­e Mittel“verfügt. Die Kroaten könnten aus der Tatsache, dass sie jahrelang den Raum am Sändchen für einen „ausgesproc­hen niedrigen Pachtzins“nutzen durften, keinen Anspruch auf Ersatz herleiten. „Als Stadt verfügen wir schlichtwe­g nicht über solche Räumlichke­iten“, sagt Prell.

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