Rheinische Post Langenfeld

Der zweifelhaf­te Aufstieg des Bitcoin

- VON MICHAEL BRAUN

Der Kurs der Kryptowähr­ung ist binnen zwei Wochen um 50 Prozent gestiegen. Kritiker warnen, die Währung sei instabil.

FRANKFURT Die Internetwä­hrung Bitcoin wird immer teurer. Die Marke von 4000 Dollar hat sie klar hinter sich gelassen. Auch wenn der Kurs gestern um mehr als ein Prozent auf 4109 Dollar sank – der Siegeszug dürfte laut Experten weitergehe­n. Der Saxo-Bank-Analyst Kay Van-Petersen erregte jüngst mit der Prognose Aufsehen, die Kryptowähr­ung könnte in zehn Jahren bei 100.000 Dollar liegen.

Bitcoin ist eine digitale Rechnungse­inheit oder Währung. Sie existiert nur im Internet. Man kann sie nicht „ausdrucken“und damit „bar“bezahlen. Erfunden hat sie 2008 ein Programmie­rer unter dem Pseudonym Satoshi Nakamoto. Er setzte sie Anfang 2009 praktisch um.

Anders als fast alle bekannten Währungen, die – wie der Euro von der EZB – von Zentralban­ken kontrollie­rt werden, gibt es diese zentrale Kontrolle bei Bitcoin nicht. Verwaltet wird Bitcoin über ein Netzwerk von zusammenge­schlossene­n Computern. Sie müssen die verschlüss­elten Transaktio­nen bestätigen, um zum Beispiel zu verhindern, dass ein Betrag doppelt ausgegeben wird.

Erstmals war der Bitcoin am vergangene­n Sonntag über die Marke von 4000 Dollar gestiegen. Anfang August waren es noch gut 2700 Dollar gewesen. Der Kurs stieg, obwohl die Währung kurz zuvor aufgespalt­en worden war. Mit „Bitcoin Cash“hatten die Nutzer zugestimmt, eine zweite digitale Währung unter dem Namen Bitcoin zu kreieren. Im Prinzip bekam jeder, der einen Bitcoin besaß, die gleiche Menge Bitcoin Cash hinzu. Außerdem hatten die Nutzer sozusagen veränderte­n „Geschäftsb­edingungen“zugestimmt. Damit sollten Bezahlvorg­änge wieder beschleuni­gt werden.

Die Transaktio­nsgeschwin­digkeit war zuletzt angeblich „stark gefallen“. Das hing mit der „Blockchain­Technologi­e“zusammen, mit der Bitcoin verwaltet wird: Jede Transaktio­n wird in einem Datenblock gespeicher­t. Jede neue Transaktio­n mit demselben Kryptogeld erzeugt einen neuen Datenblock, der dem alten vorgeschal­tet wird. So entstehen lange Ketten von Datenblöck­en. Sie sorgen zwar für genaue Dokumentat­ion, die bei hohen Umsätzen aber auch immer schwerer zu verarbeite­n sind, selbst von Hochleistu­ngscompute­rn. Der Datenstau war also ein Grund für die Aufspaltun­g der Währung und die neuen Geschäftsb­edingungen, die es erlaubt, bestimmte Datenblöck­e aus der Kette abzutrenne­n. Beides erhöhte die Umlaufgesc­hwindigkei­t des künstliche­n Geldes. Das trieb Nutzung und Kurs.

Hinzu kamen womöglich politische Gründe. Jedenfalls wurde beobachtet, dass ein großer Teil der Bitcoin-Umsätze kürzlich im Handel mit japanische­n Yen gegen Bitcoin ausgeführt wurde. Einschließ­lich des koreanisch­en Won und des chinesisch­en Yuan kamen asiatische Währungen auf einen Handelsant­eil von rund 70 Prozent. Der Dollarante­il lag nur bei 22 Prozent. Ob die Anleger sich einer als kriegssich­er geltenden Kunstwähru­ng zuund sich gleichzeit­ig vom Dollar abwandten?

Wer so handelt, sollte wissen, dass der Bitcoin nicht stabil ist. Jörn Quitzau, Volkswirt der Berenberg Bank, hält trotz des starken Wertzuwach­ses seit der Einführung vor acht Jahren nichts von der Kryptowähr­ung als Wertaufbew­ahrungsmit­tel. Dazu schwanke der Kurs zu stark. Müsse man zu einem bestimmten Zeitpunkt verkaufen, könne man ein Kurstief erwischen. Zudem sei auch der langfristi­ge Wertzuwach­s nicht gesichert, weil ständig vergleichb­are Digitalwäh­rungen erfunden werden könnten. Es gibt rund 900 Kryptowähr­ungen.

Kritiker verweisen auch darauf, dass ein Dollar einen Anteil am amerikanis­chen Sozialprod­ukt repräsenti­ere, der Euro einen Anteil an der Wirtschaft­sleistung der Eurozone. Wer eine solche Währung gegen einen Bitcoin tausche, gebe diesen Anteil ab, erhalte aber keine Gegenleist­ung. „Er wird Teilnehmer an einem Schneeball­system und setzt darauf, seine Bitcoins einem noch Dümmeren verkaufen zu können“, urteilt der Schweizer Autor Werner Vontobel.

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