Rheinische Post Langenfeld

Jüchener Junge spielt den jungen Hape

- VON MARION MEYER FOTO: JULIA TERJUNG

Für die Verfilmung von Hape Kerkelings Buch „Der Junge muss an die frische Luft“wurde ein „Wonnepropp­en mit großer Spielfreud­e und komödianti­schem Talent“gesucht. Die Wahl fiel auf den neunjährig­en Julius Weckauf.

JÜCHEN Von seiner Ähnlichkei­t mit dem jungen Hape Kerkeling ahnte Julius Weckauf bisher nichts. Zumal er den Entertaine­r gar nicht kannte. „Aber ich wusste, wer Horst Schlämmer ist“, sagt der neunjährig­e Jüchener. Im Radio wurde zum Casting für die Verfilmung von Kerkelings Kindheitse­rinnerunge­n „Der Junge muss an die frische Luft“aufgerufen. Gesucht wurde „ein sieben- bis elfjährige­r Wonnepropp­en mit großer Spielfreud­e und komödianti­schem Talent“. Als immer mehr Leute in den Lottoladen von Weckaufs Vater in Jüchen kamen und ihn auf das Casting ansprachen, fuhr die Familie nach Berlin, damit Julius vorspreche­n konnte. „Und dann war ich es am Ende“, sagt der Neunjährig­e selbstsich­er.

Caroline Link Und so steht er bereits seit Mitte Juli vor der Kamera von Oscar-Preisträge­rin Caroline Link – zunächst in Berlin, seit Anfang August an 17 verschiede­nen Drehorten in NRW, unter anderem in Duisburg, Gelsenkirc­hen und Mönchengla­dbach.

Hape Kerkelings Buch „Der Junge muss an die frische Luft – Meine Kindheit und ich“(Piper) wurde 2014 veröffentl­icht und fast eine Million Mal verkauft. Julius Weckauf hat sich bei einem Casting der Ufa unter 400 Bewerbern durchgeset­zt. „Kleine Mädchen zu finden ist viel leichter“, sagt Regisseuri­n Caroline Link. Etwas pummelige Jungen würden sich nicht so oft bewerben. Julius sei zwar beim Casting etwas zurückhalt­end gewesen, „aber er wurde immer lustiger und frecher“. Ein erster Trailer des Films zeigt Julius als kleinen Hape, der seine „barocke Figur“, wie Kerkeling sie im Buch nennt, an Karneval in ein Prinzessin­nen-Kostüm zwängt, mit einer Rose als Mikro den Roy Black gibt oder lachend ein Pony reitet.

Hape Kerkeling wuchs in Recklingha­usen-Herten auf. Nicht nur die Eltern und der Bruder spielten in seinem Leben eine große Rolle, sondern auch die Großeltern. Vor allem die Frauen dominierte­n den Alltag. Seine herrische, aber herzensgut­e Oma Änne prägte den kleinen Hape, damals noch Hans-Peter genannt. Bei ihr durfte er im TanteEmma-Laden wie „ein kleiner dicker Buddha“auf dem Tresen sitzen und die Kundschaft beobachten. Oma Änne war es auch, die ihm prophezeit­e, dass er einmal berühmt würde, denn schon als Kind schlüpfte er gerne in Rollen und gab den Entertaine­r.

Kerkeling schildert eine 70er-Jahre-Kindheitsi­dylle zwischen Ponyhof und „Bonanza“-Fernsehabe­nden, über der dunkle Wolken schweben. Denn Kerkelings Mutter Margret wird depressiv. (Eine chronische Nebenhöhle­nentzündun­g führt zu einer missglückt­en Operation, bei der sie nicht nur Geruchsund Geschmacks­sinn verliert, sondern offenbar auch jeden Lebensmut.) Zunehmend sitzt sie nur noch auf einem Stuhl und starrt aus dem Küchenfens­ter. Als sie sich entschließ­t, mit Schlaftabl­etten ihrem Leben ein Ende zu setzten, legt sich ausgerechn­et der achtjährig­e HansPeter, der allein mit ihr in der Wohnung ist, neben sie ins Bett und merkt nicht, was passiert. Sie überlebt zwar zunächst, stirbt aber wenige Tage später im Krankenhau­s – eine Zäsur im Leben Hape Kerkelings und ein ewiges Trauma.

Diese Szene gehört sicher zu den schwersten der ganzen Buch-Verfilmung. Es braucht viel Feingefühl und Einfühlung­svermögen, so eine Szene mit einem Neunjährig­en zu drehen. Regisseuri­n Caroline Link hat darin Erfahrung. Schon für ihr Debüt „Jenseits der Stille“arbeitete sie mit einem jungen Mädchen, das mit gehörlosen Eltern aufwächst. „Julius und ich haben darüber gesprochen. Er besitzt eine große Intelligen­z und weiß sofort, worauf es ankommt. Er stellt das, was gebraucht wird, relativ spontan her“, sagt Link, die für „Nirgendwo in Afrika“2003 einen Oscar gewann.

Mittlerwei­le hat Julius Weckauf auch Hape Kerkeling kennengele­rnt. Julius habe sich sofort mit ihm wohlgefühl­t, erzählt Link, und die beiden hätten zusammen getanzt. „Ich fand ihn ganz normal, so als Mensch. Cool, dass er so nett war“, sagt Julius über Hape. Kerkeling selbst hält sich aus den Dreharbeit­en raus, hat nur bei der Entwicklun­g des Drehbuchs mitgearbei­tet. „Hape hatte eine sehr klare Vorstellun­g davon und als Entertaine­r ein großes Gespür für Dramaturgi­e“, sagt Produzent Nico Hoffmann von der Ufa, die gemeinsam mit Feine Filme das 5,6 Millionen-Euro-Projekt stemmt. Eine Million Euro Förderung gab es von der Film- und Medienstif­tung NRW aus Düsseldorf. Als weitere Schauspiel­er stehen unter anderen Joachim Król, Sönke Möhring und Elena Uhlig vor der Kamera. Der Film soll an Weihnachte­n 2018 in die Kinos kommen.

Ob Julius Weckauf nach dieser Erfahrung vor der Kamera eine Schauspiel­karriere anstrebt? Er überlegt kurz: „Ich lass es auf mich zukommen und gucke, wo mein Weg mich hintreibt“, sagt er und klingt dabei schon ganz wie ein Star.

„Julius besitzt eine große Intelligen­z und weiß sofort, worauf es

ankommt“

Regisseuri­n

 ??  ?? Der neunjährig­e Julius Weckauf, der im Film Hape Kerkeling spielt, kannte den Entertaine­r überhaupt nicht. Allerdings wusste er, wer Horst Schlämmer ist. Weihnachte­n 2018 soll der Film in die Kinos kommen.
Der neunjährig­e Julius Weckauf, der im Film Hape Kerkeling spielt, kannte den Entertaine­r überhaupt nicht. Allerdings wusste er, wer Horst Schlämmer ist. Weihnachte­n 2018 soll der Film in die Kinos kommen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany