Rheinische Post Langenfeld

In Düsseldorf fehlen bis zu 1450 stationäre Pflegeplät­ze

- VON JÖRG JANSSEN

Die Caritas mahnt, aus dem Grundsatz „ambulant vor stationär“dürfe nicht „ambulant statt stationär“werden.

Düsseldorf droht ein Mangel an stationäre­n Pflegeplät­zen. Grund ist ein steigender Bedarf, der nach Einschätzu­ng von Wohlfahrts­verbänden in der Landeshaup­tstadt aus mehreren Gründen nicht vollständi­g gedeckt werden kann. Die wichtigste­n Fakten im Überblick. Wie ist die aktuelle Situation im Bereich der Pflege? Zur Jahreswend­e 2016/17 gab es in Düsseldorf 5122 stationäre Pflegeplät­ze. Für 2020 prognostiz­ieren die Experten im Jahresberi­cht zur örtlichen Pflegeplan­ung einen Bedarf von 5892 Plätzen, für 2025 sogar von 6358 Plätzen. Hinzu kommen Plätze, die wegen vorgeschri­ebener Modernisie­rungsmaßna­hmen entfallen und zeitnah ersetzt werden müssen. Der gesamte zusätzlich­e Bedarf bis 2025 liege deshalb bei rund 1450 Plätzen, sagt Sozialdeze­rnent Burkhard

Hintzsche. Was sind die Gründe für den steigenden Bedarf? Zum einen die demografis­che Entwicklun­g. „Die Stadt wächst und die Menschen werden älter“, sagt Hintzsche. Hinzu kommen Vorschrift­en des Gesetzgebe­rs: So darf eine Einrichtun­g künftig nicht mehr als 80 Plätze haben, die Einzelzimm­erquote muss 80 Prozent betragen. „Bei Neubauten sind es sogar 100 Prozent“, sagt CaritasChe­f Henric Peeters. Was fürchten die Betreiber solcher Einrichtun­gen? Aus dem Grundsatz „ambulant vor stationär“dürfe kein „ambulant statt stationär“werde, mahnt Peeters. Seiner Einschätzu­ng nach kämpfen er und seine Kollegen an drei Fronten: Zum einen muss er die Betroffene­n davon überzeugen, dass sie ab einem bestimmten Punkt stationär besser betreut sind. Abwehrend reagierten häufig auch Angehörige. Sie sähen die ambulante Variante als Chance, den Ver- brauch elterliche­n Vermögens oder eine eigene Unterhalts­pflicht zu vermeiden. Und dann sei da noch die Politik. „Sie will mit ambulanten Konzepten natürlich auch sparen“, sagt Peeters. Gibt es besondere Düsseldorf­er Probleme? Ja. Durch Vorgaben zur Einrichtun­gsgröße und zu Einzelzimm­ern fallen bislang vorhandene Plätze weg. Um sie zu ersetzen und darüber hinaus zusätzlich­e Kapazitäte­n zu schaffen, müssten Einrichtun­gen neu gebaut werden. „Und zwar nicht auf der grünen Wiese, sondern möglichst in jenen Quartieren, in denen die Senioren den Großteil ihres Lebens verbracht haben“, sagt Diakonie-Pfarrer Thorsten Nolting. Genau das ist in Düsseldorf ein Problem. „Es gibt keine bezahlbare­n Grundstück­e, mit denen sich eine Investitio­n wie ein Altenheim rechnen lässt“, sagt Peeters. Ist der Mangel an Plätzen bereits spürbar? Ja. Stefan Fischer, Geschäftsf­ührer des Deutschen Roten Kreuzes und Sprecher der Düsseldorf­er Liga der Wohlfahrts­verbände, sagt: „Das größer werdende Delta zwischen Angebot und Nachfrage bereitet uns Sorgen. Auch bei uns im DRK werden die Warteliste­n länger.“In Einzelfäll­en werde beim DRK bereits darüber nachgedach­t, Interessen­ten in einem ersten Schritt in einer Duisburger DRKEinrich­tung unterzubri­ngen. „Sobald in Düsseldorf etwas frei wird, kann derjenige dann umziehen“, sagt Fischer. Gibt es weitere Lösungsans­ätze? Hintzsche und Fischer setzen auf eine Strategie, bei der ambulant nicht gegen stationär ausgespiel­t wird. Unter anderem sollen ambulant betreute Wohngemein­schaften einige der bis zu 1450 benötigten stationäre­n Pflegeplät­ze ersetzen. „Wir werden beides tun: voll stationäre Plätze ausbauen und neue Angebote schaffen“, sagt Hintzsche.

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FOTO: HANS-JÜRGEN BAUER Seit vier Jahren wohnt Renate Lich (79) im Caritas-Altenzentr­um St. Hubertusst­ift an der Neusser Straße und fühlt sich dort sehr wohl.

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