Rheinische Post Langenfeld

KOLUMNE BERLINER REPUBLIK

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Härtere Gangart im Wahlkampf SPD-Kanzlerkan­didat Martin Schulz setzt im Wahlkampf inzwischen voll auf Attacke. Die Amtsinhabe­rin gefällt sich weiter in der Rolle der neutralen Regierungs­expertin – es wird aber ungemütlic­her für sie.

ADie m kommenden Sonntag werden Kanzlerin Angela Merkel und ihr Herausford­erer Martin Schulz sich zur einzigen direkten Auseinande­rsetzung in diesem Wahlkampf beim TV-Duell treffen. Wie die Diskussion ablaufen könnte, gaben die beiden bei einer Art Fernduell am Sonntag mit Interviews in ARD und ZDF vor.

Merkel minimiert ihre Angriffsfl­ächen so weit wie möglich. Sie tritt weniger als Vertreteri­n einer Partei auf, sondern versucht vielmehr, ihren Amtsbonus auszureize­n. Auf viele Fragen antwortet sie wie eine fachlich kompetente, aber doch eher neutrale Beobachter­in. Sie ordnet ein, wo die Regierung insgesamt (nicht etwa die CDU) vorangekom­men sei und auch, wo das Wünschensw­erte noch nicht erreicht sei.

Damit nimmt Merkel geschickt alle Erfolge der Regierung für sich in Anspruch. Dieses Prinzip gipfelt im CDU-Wahlplakat „Für gute Arbeit und gute Löhne“, das bei den Sozialdemo­kraten Schnappatm­ung auslöst. In einigen Regionen kleben auf dem Plakat Zettel (ohne Absender), die auflisten, an welchen Punkten bei Mindestloh­n, Leiharbeit und Lohngleich­heit die Union in der großen Koalition auf der Bremse stand.

Inhaltlich ist es genau das, was die SPD an der Lohn- und Arbeitsmar­ktpolitik der Union beklagt. Doch mit den Verweisen auf die eigenen Erfolge konnte die SPD ihre Umfragewer­te bislang nicht verbessern. Vier Wochen vor der Bundestags­wahl schaltet Schulz daher auf Frontalang­riff um. Im ARD-Interview warf er Merkel vor, „abgehoben“zu sein. In Sachen Elektromob­ilität habe sie „keinen Plan“, und sie kusche vor Erdogan.

Wir können uns darauf einstellen, dass eben dies der Grundton der kommenden vier Wochen sein wird: ein auf Angriff gebürstete­r SPDChef und eine buddhahaft­e Kanzle-

Wie rin. Für beide birgt die jeweilige Taktik Chancen und Risiken. Für Schulz ist die Attacke die einzige Möglichkei­t, sich Gehör zu verschaffe­n, sich als Alternativ­e zu Merkel zu präsentier­en und auf die Unterschie­de zwischen Union und SPD aufmerksam zu machen. Sein Risiko: Zu viel Aggressivi­tät könnte ihn unsympathi­sch und unsouverän wirken lassen. Merkel wiederum hat mit ihrer Strategie, möglichst wenig Angriffsfl­äche zu bieten, schon zwei Wahlkämpfe als Amtsinhabe­rin erfolgreic­h bestritten. Ihr spielt der Umstand in die Hände, dass Deutschlan­d nach zwölf Jahren ihrer Regierungs­zeit im internatio­nalen Vergleich glänzend dasteht. Ihr Risiko: Angesichts ihrer Tiefenents­panntheit könnte der SPD-Ansatz doch verfangen, dass sie Probleme der Zukunft nicht anpacke. Ihre Meinung? Schreiben Sie unserer Autorin: kolumne@rheinische-post.de

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