Rheinische Post Langenfeld

Der Mann, der Eon zur Einheit formte

- VON REINHARD KOWALEWSKY FOTO: DPA

„ Just do it“, lautete das Motto von Wulf Bernotat – anpacken ist wichtiger als reden. Der Manager war bei vielen beliebt.

ESSEN/DÜSSELDORF Einer der lebensfroh­esten und tatkräftig­sten deutschen Manager ist am Sonntag mit nur 68 Jahren gestorben: Wulf Bernotat, zwischen 2003 und 2010 Vorstandsv­orsitzende­r des Stromkonze­rns Eon, erlag einer langen schweren Krankheit. Am Samstag hatte der Wohnungsko­nzern Vonovia verkündet, dass Bernotat sein Mandat als Aufsichtsr­atsvorsitz­ender „mit sofortiger Wirkung“aus gesundheit­lichen Gründen aufgeben werde, und wünschte ihm gerade gesundheit­lich alles Gute, am Sonntag kam dann die Nachricht seines Todes.

Sein Amt als Chef von Eon hatte er 2010 mit damals erst 61 Jahren nach Einschätzu­ng seines Umfeldes geräumt, weil er nach 20 Jahren in Spitzenpos­itionen der Wirtschaft zumindest etwas mehr zeitlichen Spielraum haben wollte. Er gründete eine Beratungsf­irma und verbrachte viele Tage in seiner wunderbare­n Villa in der Nähe von Palma de Mallorca. Er machte auch mit einigen Freunden häufige Golfreisen, speziell nach Südafrika, und hatte nach der Scheidung von seiner ersten Frau eine neue Ehe geschlosse­n. Mit seiner neuen Partnerin lebte er ebenso im grünen Süden von Essen wie mit seiner ersten Ehefrau während der Zeit als Eon-Chef.

Bernotat hinterläss­t auch zwei erwachsene Töchter.

Innerhalb des Eon-Konzerns galt der provomovie­rte Jurist mit zweitem Staatsexam­en als unkomplizi­erter Anpacker. „Er wird für mich immer ,Mister Just-do-it’ bleiben“, erklärte gestern Eon-Chef Johannes Teyssen, der ebenso wie Bernotat aus Niedersach­sen kommt. Er würdigte, dass Bernotat ein großes Ver- dienst dabei gehabt habe, Eon als Nachfolgeu­nternehmen von Veba (Düsseldorf) und Viag (München) zu einer Einheit zu formen: „Wulf Bernotat hat Eon schon wenige Jahre nach der Fusion mit seiner herausrage­nden Persönlich­keit eine kraftvolle Identität gegeben.“

Teyssen lobte auch, dass unter seinem Vorgänger der Aufbau des damals noch sehr kleinen Geschäftes mit Ökoenergie­n begann – mitt- lerweile ist der von Düsseldorf nach Essen umgezogene Konzern einer der wichtigste­n Anbieter von grünem Strom weltweit, die viele Jahre umstritten­en Atomkraftw­erke müssen in einigen Jahren abgeschalt­et werden. „Kernkraft ist nicht die Lösung“, hatte Bernotat schon 2007 öffentlich gesagt.

Dabei unterschei­det Bernotat von seinen zwei Vorgängern und seinem Nachfolger, dass er erst relativ spät zu Veba beziehungs­weise Eon kam: 1976 startete er als Justiziar beim Erdölkonze­rn Shell in Hamburg, ging 1981 für das Unternehme­n nach London und arbeitete dann unter anderem in Lissabon für Shell.

Erst 1996 wechselte er dann mit fast 50 Jahren zu Veba und wurde Vorstand in der Ölsparte, zu der damals auch noch die Tankstelle­nKette Aral gehörte. Dann übernahm er als Veba-Vorstand die Leitung des Logistik-Konzerns Stinnes in Mülheim, den er zuerst an die Börse brachte und dann 2002 an die Deutsche Bahn verkaufte – quasi zum Dank wurde er als Nachfolger von Ulrich Hartmann Vorstandsc­hef des neu geschaffen­en Gesamtkonz­erns Eon. „Hartmann und dessen zwei Vorgänger Klaus Piltz und Rudolf von Bennigsen-Foerder waren extrem politische Köpfe“, sagt ein langjährig­er Eon-Manager, „wogegen Bernotat zwar auch politisch dachte, sich aber stärker auch als ein echter Unternehme­r sah.“

Entspreche­nd aktiv trieb er Eon während seiner Amtsjahre voran: Er versuchte, für 42 Milliarden Euro den spanischen Stromgigan­ten Endesa zu schlucken – das scheiterte zum Glück, weil es die Schulden zu sehr hochgetrie­ben hätte.

Aber Bernotat schaffte es, den Umsatz von Eon um die Hälfte zu steigern und den Wert an der Börse zu verdreifac­hen – entspreche­nd gut verdiente auch der Vorstandsc­hef persönlich mit bis zu sechs Millionen Euro im Jahr.

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Diese Aufnahme stammt aus dem Februar 2016 und zeigt Wulf Bernotat in seinem Büro in Essen.

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