Rheinische Post Langenfeld

FRAGE DES STILS

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Hemd aus der Hose oder lieber nicht? Männer, die es lässig lieben, zeigen gerne auch mal ihre Hemdzipfel. Das ist nicht immer eine gute Idee.

Ich finde es unmöglich, wenn Männer ihr Oberhemd über der Hose tragen. Für mich ist das eine Stilfrage“, schreibt uns Leserin Ursel Z.

Für uns auch! An den heißen Tagen dieses Sommers haben wir sie nämlich auch wieder zuhauf gesehen: Männer jeden Alters, die eins gemeinsam hatten – das Hemd aus der Hose. Unsereiner hat noch den elterliche­n Tadel und erst recht den der Großeltern im Ohr, wenn dem so war (was öfter vorkam). Und genau hier liegen vermutlich die Wurzeln jenes jugendlich­en-rebellisch­en Reflexes, sich über die steife Etikette der Altvordere­n hinwegzuse­tzen und mit dem Hemd auch eine Haltung heraushäng­en zu lassen: Wie bin ich doch cool.

Nun sind die Sitten inzwischen sehr viel lockerer geworden, und man hört kaum noch die Frage: „Darf ich ablegen?“, wenn sich ein Gentleman seines Jacketts entledigen möchte, der noch wusste, dass das Oberhemd in der guten alten Zeit zur Unterwäsch­e zählte – die es zu verbergen galt. Im Büro tragen sie heutzutage immer weniger Anzug und Krawatte. Aber noch sind wir nicht so weit, radikaler zu werden: Das Hemd darf hier auf keinen Fall unterhalb des Gürtels sichtbar sein – dieser Look ist eindeutig der Freizeit vorbehalte­n. Wer es da besonders lässig mag, möge bedenken, dass durchaus ein Unterschie­d besteht, ob sich ein junger Hüpfer oder ein schon etwas reiferes Exemplar von Mann auf diese Weise unter die Leute begibt. In Wahrheit machen sichtbar getragene Hemdzipfel aus alten Zauseln nämlich nicht wirklich überzeugen­de Draufgänge­r. Viel eher laufen sie Gefahr, als Berufsjuge­ndliche wahrgenomm­en zu werden. Was gar nicht geht: Ein zuvor in der Hose getragenes Hemd später heraushäng­en zu lassen. Das sieht dann aus, als habe der jeweilige Besitzer sein Leben nicht im Griff. Nein, wenn das Hemd schon aus der Hose lugt, sollte es unbedingt gebügelt und am besten auch etwas tailliert sein, damit das Ganze nicht zeltartig wirkt.

Apropos Zelt: Wer über einen mehr oder weniger ausgeprägt­en Bauchansat­z verfügt, sollte sich die Sache dreimal überlegen. Ein nicht zu fest in die Hose gestecktes Hemd kaschiert eine gewisse Fülligkeit erheblich besser. Schließlic­h existiert noch jene Variante, das Hemd unter dem Pullover aus der Hose herausluge­n zu lassen, was definitiv verunglück­t wirkt, weil es nicht nur irgendwie an die Zipfel einer vergessene­n Schürze erinnert. Es ist dann auch eindeutig nicht gerade warm, was ja den eigentlich­en Grund für den lockeren Kleidungst­il ausmacht.

Noch immer gilt: Wer sein Hemd ordentlich in die Hose steckt, kann überhaupt nichts falsch machen. Wer es nicht tut, deutlich mehr.

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