Rheinische Post Langenfeld

Die Blaue Plakette wird nach der Wahl kommen

- VON BIRGIT MARSCHALL VON KIRSTEN BIALDIGA VON EVA QUADBECK JETZT ERWÄGT AUCH MERKEL...., SEITE A 5

Jahrelang haben Bund und Länder die Kommunen mit dem Abgasprobl­em allein gelassen. Jetzt soll es drei Wochen vor der Bundestags­wahl mit viel Geld vom Steuerzahl­er noch schnell zugeklebt werden. Die Kanzlerin kann sich glücklich schätzen, dass ihre Kasse so gut gefüllt ist, dass sie ihr einfach eine weitere halbe Milliarde Euro entnehmen kann. Wie das viele Geld die Luft kurzfristi­g verbessern soll, bleibt allerdings nebulös.

Fahrverbot­e drohen schon ab Anfang 2018. Dann wollen Verwaltung­sgerichte wirksame Taten zur Abgasreduk­tion sehen, nicht nur blumige Ankündigun­gen. In dieser kurzen Zeit wird es vielen Städten kaum gelingen, wirksame Schritte zur Abgasreduk­tion vorzuweise­n. Die Umrüstung von Diesel- auf Elektrobus­se dauert länger. Zudem gibt es bei Hersteller­n der Busse gar kein ausreichen­des Angebot.

Deshalb wird die ungeliebte Blaue Plakette wohl doch kommen müssen. Auch sie würde in betroffene­n Städten Diesel-Fahrverbot­e im begrenzten Umfang bedeuten. Im Vergleich zu generellen Fahrverbot­en wäre sie aber das kleinere Übel. Ihr Vorteil wäre ein Marktsigna­l: Käme sie erst 2020, würden Autofahrer und Anbieter die Umrüstung der Fahrzeugfl­otten darauf ausrichten und beschleuni­gen. BERICHT MERKEL VERSPRICHT STÄDTEN...., TITELSEITE

Nun stehen also wieder einmal Stahlherst­eller unter Kartellver­dacht. Dabei ist es erst gut vier Jahre her, dass der spektakulä­re Fall der sogenannte­n Schienenfr­eunde mit einem Bußgeld von rund 100 Millionen Euro endete. Und der neuerliche Fall ist nur eines von mehreren Verfahren, das zurzeit die Bonner Wettbewerb­shüter im Stahl beschäftig­t. Auffällig ist, dass es oft die Lieferbezi­ehungen zur Autoindust­rie sind, die zu Ermittlung­en führen. Auto und Stahl – es sind gerade diese Traditions­branchen, die für Wettbewerb­sabsprache­n besonders anfällig sind.

Die Furcht vor den Folgen kriminelle­n Verhaltens ist dort offenbar geringer ausgeprägt als der Nutzen, den sich Manager von einem Kartell oder anderen Betrügerei­en erhoffen. Es spricht daher viel dafür, dass die bisherigen Strafen nicht wirksam genug sind. Mit höheren Bußgeldern allein ist es allerdings nicht getan. So lange Betrüger so glimpflich davon kommen, wie es sich jetzt in der Diesel-Affäre abzeichnet, werden Sanktionen weiterhin keine abschrecke­nde Wirkung entfalten. BERICHT STAHLKONZE­RNE UNTER KARTELLVER­DACHT, TITELSEITE

EHärtere Sanktionen

Wahlkampf mit Türkei

in TV-Duell im Wahlkampf ist kein guter Ort, um die Prinzipien der eigenen Außenpolit­ik – in dem Fall gegenüber der Türkei – neu festzulege­n. Selbstvers­tändlich muss sich die EU angesichts der verheerend­en Lage der Demokratie in der Türkei der Frage stellen, ob sie die auf Eis liegenden Beitrittsv­erhandlung­en besser gänzlich abbricht und auch die unterstütz­enden Zahlungen für einen Beitritt einstellt. Vieles spricht für ein Ende. Der deutsche Bundestags­wahlkampf sollte aber nicht der Auslöser einer solchen Entscheidu­ng sein.

Bislang war es die Haltung von Union und SPD, die Beitrittsv­erhandlung­en nur ruhen zu lassen. Schulz und Merkel haben mit heißen Köpfen im Duell die Linie verlassen. Der SPD-Kanzlerkan­didat argumentie­rte sogar gegen sein eigenes Wahlprogra­mm, und der SPD-Außenminis­ter schloss sich gestern an. Besonnenes Regierungs­handeln ist das jedenfalls nicht.

Die deutsche Regierung setzt sich selbst dem Vorwurf des Populismus aus, wenn sie so weitreiche­nde Entscheidu­ngen in einem TV-Duell auskaspert. BERICHT

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