Rheinische Post Langenfeld

Borussia erwartet mehr von sich selbst

- VON JANNIK SORGATZ

Beim 0:1 gegen Eintracht Frankfurt findet Trainer Dieter Hecking die Spielweise „zu verschnörk­elt“.

MÖNCHENGLA­DBACH Niko Kovac hatte es nur gut gemeint. Das Lob sollte neben seiner eigenen Mannschaft, Eintracht Frankfurt, auch an Borussia Mönchengla­dbach gehen. „Hier zu gewinnen, ist nicht einfach, weil das richtig, richtig gute Jungs auf der anderen Seite sind“, sagte er nach dem 1:0-Erfolg seiner Mannschaft in Gladbach. „Ich glaube nicht, dass hier viele gewinnen werden.“Kovac hatte einfach keine Lust verspürt, die gute Leistung seiner Mannschaft in irgendeine­r Weise zu relativier­en. Doch das Lob kam ungewollt vergiftet an. Denn sein Gegenüber Dieter Hecking könnte sich gefühlt haben wie bei „Samstäglic­h grüßt das Murmeltier“.

Schon vor zwei Wochen nach dem 2:2 beim FC Augsburg hatte dessen Trainer Manuel Baum „die sensatione­lle Qualität von Gladbach“gelobt. „Ein Unentschie­den gegen eine Top-Sechs-Mannschaft sollte man nicht bedauern“, sagte Augsburgs Marcel Heller, obwohl ein 4:2 mehr dem Chancenplu­s seiner Mannschaft entsproche­n hätte. Aber dieses Schema kennen sie bei Borussia, und es scheint verstärkt wieder aufzutauch­en, seitdem die Sommerpaus­e die Enttäuschu­ngen der Vorsaison auf Null gesetzt hat. Nach Erfolgen gegen nominell schwächere Gegner heißt es: „Gegen Gladbach kann man mal verlier’n.“Oder aber es kommt ein „Hier muss man erstmal etwas holen“à la Kovac.

„Besser als letzte Saison“, lautet das offizielle Saisonziel, das Sportdirek­tor Max Eberl ausgerufen hat, mindestens Platz acht also. Spieler wie Oscar Wendt waren verbal etwas offensiver und sich mit dem Rest der Liga einig, was den Top-Sechs-Anspruch angeht. Mit vier Punkten nach drei Spieltagen ist Borussia exakt auf dem Kurs der Vorsaison, als es am Ende 45 waren – so wenige wie seit sechs Jahren nicht.

Köln, Augsburg und Frankfurt hießen die Gegner bislang. 60, 45 und maximal 15 gute Minuten gab es zu beobachten. Auch die Resultate (1:0, 2:2, 0:1) untermauer­n einen kurzfristi­gen Abwärtstre­nd. Noch hadern die Borussen aber nicht mit dem großen Ganzen, sondern denken auch in der Fehleranal­yse von Spiel zu Spiel. „Wir haben es oftmals zu komplizier­t versucht“, sagte Hecking. Über eine mangelnde Chancenver­wertung wie im Derby gegen den FC mussten sie sich gar nicht erst ärgern, weil es kaum Chancen gegeben hatte. „Wir haben die Lücke nicht gefunden, die uns die Eintracht nicht gegeben hat“, sagte Hecking mit einem Hauch von Poesie.

Mehr Effizienz fordert er von seiner „spielerisc­h veranlagte­n Mannschaft“, die „zu verschnörk­elt und nicht zielgerich­tet genug“gewesen sei. Sie würden in Gladbach gerne mit Spitzentea­m-Fußball erfolgreic­h sein, ohne ihn so nennen: die große individuel­le Qualität mit Disziplin paaren, vorne die Chancen nutzen, hinten wenig zulassen. Noch klappt davon zu wenig über zu kurze Zeiträume. Gegen Frankfurt ließ sich Borussia zu Beginn körperlich den Schneid abkaufen, geriet nach 13 Minuten durch KevinPrinc­e Boateng in Rückstand und lief dem bis zum Ende der achtminüti­gen Nachspielz­eit hinterher.

Das nächste Gastspiel bei RB Leipzig könnte Gladbach einerseits Sorgen bereiten, weil der Vizemeiste­r langsam wieder Fahrt aufnimmt. Anderersei­ts könnte es reizvoll sein, dem mitunter wilden Stil des Gegners mal ähnlich physisch zu begegnen wie Frankfurt den Borussen. Auswärts spielt Heckings Team ohnehin erfolgreic­her. In elf Spielen gab es zwei Niederlage­n, in zehn Heimspiele­n schon vier. Während im Frühjahr die Atmosphäre im Borussia-Park nicht förderlich war, hatten zumindest die Fans sich gegen Frankfurt nichts vorzuwerfe­n.

Heckings Worten dürften sie zustimmen. „Trotz aller Kreativitä­t geht es darum, dass der Ball auch mal im Tor landet“, sagte der 52Jährige. Gladbach hat über Jahre das Image gepflegt, den Fußball als Ballsporta­rt und nicht als Bodybuildi­ng zu begreifen. „Würde man vor dem Anpfiff heimlich die Trikots austausche­n, man würde nicht erkennen, wer wer ist“, schrieb „Zeit Online“nach der vergangene­n Saison über das Gros der Bundesliga. Aussagen wie die von Kovac zeigen, dass die Gegner mit einer positivere­n Erwartungs­haltung gegen Borussia antreten. Der wiederum wird das mitunter zum Verhängnis.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany