Uth lässt die Bayern grübeln
Hoffenheim feiert mit einem 2:0-Erfolg seinen zweiten Heimsieg gegen den FC Bayern München.
SINSHEIM 27. Spielminute. Bayerns Abwehrchef Mats Hummels schießt den Ball, der bereits die rechte Seitenaus-Linie überquert hat, weit in die Hoffenheim-Hälfte. Für einen kurzen Moment schaut er dem Ball hinterher. In derselben Sekunde wirft ein Balljunge Hoffenheims Andrej Kramaric ein neues Spielgerät zu. Der bringt den Ball unmittelbar in den Lauf des durchstartenden
„Das war zu wenig. In den nächsten Wochen müssen wir noch einige Schippen drauflegen“
Joshua Kimmich
Verteidiger des FC Bayern
Mark Uth. Mit links schließt der Angreifer aus 16 Metern ab und trifft links unten zum 1:0.
Mit einer schnellen Reaktion bereitet ein 13-jähriger Balljunge die Hoffenheimer Führung vor. Die Gäste aus dem Süden protestieren lautstark. „So wie ich die Regel kenne, wird das Spiel unterbrochen, wenn ein zweiter Ball auf dem Platz ist“, sagte Carlo Ancelotti nach der Partie. „Aber vielleicht hat sich die Regel geändert – das muss ich mal überprüfen.“
Nachschlagen kann das Bayerns Trainer auf Seite 32 des offiziellen Fußball-Regelwerks. Hier steht unter Regel Nummer fünf mit dem Titel „Schiedsrichter“: „Gelangt bei laufendem Spiel ein zweiter Ball, ein anderes Objekt oder ein Tier aufs Spielfeld, muss der Schiedsrichter nur dann das Spiel unterbrechen, wenn das Spielgeschehen gestört wurde.“Hoffenheims Trainer Julian Nagelsmann kommentiert die Szene mit einem verschmitzten Grinsen: „Wir haben eine einheitliche Ausbildung. Auch die Balljungen bringen den Ball schnell ins Spiel zurück.“
Ein bizarrer Gegentreffer allein reicht nicht als Erklärung für die Pleite der Bayern. Vor dem Auftakt in der Champions-League muss An- celotti den Zustand seiner Mannschaft überprüfen. Die ersten zwanzig Minuten der Partie dominierten die Bayern klar – beim 0:1 konzentrieren sich die Profis von der Isar auf einen 50 Meter entfernten Ball anstatt auf die gegnerischen Spieler. Einfach weiterzuspielen und entschlossen nachzusetzen, kam insbesondere den Verteidigern Hummels und Javi Martinez nicht in den Sinn.
Im TSG-Strafraum zeigten Thiago, Lewandowski und Co. Schwächen. Es fehlten die kreativen Ideen, sie spielten sich keine klaren Torchancen heraus. Joshua Kimmich sagte dem ZDF hinterher: „Das war zu wenig von uns. In den nächsten Wochen müssen wir noch einige Schippen drauflegen.“Richtig glücklich wirkten auch Präsident Uli Hoeneß und Vorstandsboss KarlHeinz Rummenigge nicht, als sie auf der Tribüne immer wieder die Köpfe zusammensteckten. Und Sportdirektor Hasan Salihamidzic schüttelte schon kurz vor dem Abpfiff den Kopf.
Eine Niederlage in den ersten drei Bundesliga-Spielen – das gab es zuletzt 2011. „Es ist nicht mehr selbstverständlich, dass sie jedes Spiel gewinnen“, sagte Horst Held, Sportdi- tung des Teams war nicht so schlecht, wie es das Ergebnis aussagt.“
Nagelsmann hingegen hat allen Grund auf dem Foto mit Ancelotti zu lächeln: Aus den vergangenen drei Spielen gegen den Rekordmeister holte die TSG – der neue Angstgegner der Bayern – sieben Punkte. Vor rund fünf Monaten, am 27. Spieltag der vergangenen Saison, besiegte die Mannschaft aus Sinsheim die Bayern mit 1:0.
Was die Hoffenheimer in dieser Saison noch so alles machen können, ließen sie vor 30.150 Zuschauern in der ausverkauften Rhein-Neckar-Arena erkennen. Obwohl die Leistungsträger Kevin Vogt, Sandro Wagner, Serge Gnabry und Adam Szalai fehlten, zeigten die Kraichgauer vor allem kämpferisch eine Top-Leistung.
Die Zukunft von Stürmer Uth, der in der 52. Minute auch den Treffer zum 2:0 machte, ist weiter ungewiss. Der 26-Jährige hat seinen auslaufenden Vertrag noch nicht verlängert. Gewiss ist aber, dass der Balljunge, der eigentliche Held beim 1:0, auf eine Belohnung hoffen kann. „Vielleicht bekommt er noch ein Trikot – da machen wir noch was“, versprach Uth dem Hoffenheimer Nachwuchskicker.