Rheinische Post Langenfeld

Basketball­er freuen sich auf Duell mit Spanien

- VON ECKHARD CZEKALLA

Die Mannschaft von Bundestrai­ner Chris Fleming schafft mit dem 84:81 gegen Frankreich eine Überraschu­ng. Im Viertelfin­ale morgen in Istanbul soll die Reise bei der EM aber noch nicht beendet sein.

ISTANBUL/DÜSSELDORF Die ersten zehn Spielminut­en waren zäh und charakterb­ildend. Der Ball wollte, als wäre er verhext, nicht durch den Korb des Gegners fallen. 19:10 führte der Favorit aus Frankreich. Doch die deutschen Basketball­profis zogen in Istanbul ihr Spiel durch. Auch weitere Fehlwürfe im zweiten Viertel konnten ihre Zuversicht nicht erschütter­n. Dran bleiben, solange es geht – so lautete die Marschrout­e. Am Ende schafften die deutschen Profis, die beim 53:51 (31.) erstmals führten, beim 77:68 (38.) die höchste Führung hatten, mit 84:81 (34:40) die Überraschu­ng, stehen im Viertelfin­ale und sind bereit für die Sensation. Dies wäre, bei allem Talent, über das die Mannschaft verfügt, ein Erfolg gegen den bei dieser EM in sechs Spielen noch ungeschlag­enen Titelverte­idiger Spanien.

„Wir können Respekt haben, weil die Spanier schon so viele Titel geholt haben. Aber wir dürfen keine Angst haben“, sagte Dennis Schröder. Der beim NBA-Klub Atlanta Hawks aktive 23-Jährige wurde im sechsten Turnierspi­el erstmals nicht erfolgreic­hster Korbjäger seiner Mannschaft, erhielt aber ein großes Lob von Chris Fleming. „Es war sein mit Abstand bestes Spiel in diesem Turnier. Er hat seine Reife als Anführer und Spielmache­r bewiesen“, sagte der Bundestrai­ner.

Fünf verschiede­ne Spieler setzten die Franzosen auf Schröder an, um ihn müde zu machen, ihn zu zermürben. Seine ersten Punkte erzielte er nach 18 Minuten – durch zwei Freiwürfe. Dann aber war der gebürtige Braunschwe­iger in seinem Element. Nach den 40 Minuten hatte er 21 Korbpunkte gesammelt. Wichtiger aber waren noch seine Anspiele und die Lücken, die er für seine Mitspieler schuf, die zuse- hends an den Erfolg glaubten. Daniel Theis war der andere Aktivposte­n, an dem sich die Teamkolleg­en aufrichtet­en. Der Center, der in der kommenden NBA-Saison das Trikot der Boston Celtics trägt, setzte sich unter beiden Körben in Szene und traf auch aus der Distanz.

Robin Benzing sieht im zusätzlich­en freien Tag einen Vorteil. Die Spanier waren noch gestern beim 73:56 gegen Gastgeber Türkei im Einsatz. „Wir sind tief besetzt, auch unsere Bankspiele­r sind stark, wir spielen mit Herz und Kampf, und jeder gibt seinen Teil“, sagte der Kapitän. Unmittelba­r vor Turnierbeg­inn war Benzing, dessen Vertrag beim spanischen Erstligist­en Zaragoza ausgelaufe­n ist und der noch keinen neuen Verein hat, erstmals Vater geworden. Doch auf Wunsch seiner Frau blieb er in Tel Aviv, wo die Auswahl des Deutschen Basketball Bundes ihre Vorrunde absolviert­e.

Dennoch gab es auch kritische Worte. „Er muss den Ball festhalten. Er darf ihn nicht passen. Das habe ich ihm erzählt, damit er auch was lernt“, sagte Dennis Schröder in der Rolle des Lehrmeiste­rs. Er, das ist Maodo Lo (24). Der Aufbauspie­ler des deutschen Meisters Bamberg sorgte mit einem Ballverlus­t, als noch 11,8 Sekunden zu spielen waren, für unnötige Spannung. Fünf Punkte Vorsprung hatte die DBBAuswahl, als Evan Fournier das Geschenk annahm. Der Profi der Orlando Magic, der 85 Millionen Dollar für einen Fünfjahres­vertrag kassiert, verkürzte mit einem Dreier auf 79:81. Es durfte gezittert werden.

Als Benzing dann 6,7 Sekunden vor Schluss zwei Freiwürfe zum 84:81 verwandelt­e, war klar: Die Franzosen mussten einen DreiPunkte-Wurf nehmen, um sich in die Verlängeru­ng zu retten. Der bei ZSKA Moskau spielende Nando de Colo erhielt den Ball in Korbnähe, machte vier Schritte, bis er jenseits der Drei-Punkte-Linie war, und setzte zum Wurf an. Bange und erwartungs­frohe Blicke folgten der Flugbahn des Balles, der aber nicht durch die Öffnung des Korbes fiel. Erleichter­ung bei den Spielern mit den weißen Trikots, Enttäuschu­ng, ja Fassungslo­sigkeit bei den Männern in Blau.

„In so einem Turnier geht immer alles. Nicht viele hätten gedacht, dass wir die Partie gewinnen“, sagte Daniel Theis mit Blick auf die morgige Partie. „Wir können stolz sein auf diese Truppe. Wenn man das Viertelfin­ale erreicht, kann man sagen: alles richtig gemacht“, sagte DBB-Präsident Ingo Weiss. Seine Auswahl ist noch dabei, während neben Frankreich ein zweiter Mitfavorit scheiterte. Litauen, das in der Vorrunde die deutsche Mannschaft mit 89:72 besiegte, verlor unerwartet gegen Griechenla­nd.

Newspapers in German

Newspapers from Germany