Rheinische Post Langenfeld

Plötzlich US-Open-Siegerin

- VON KRISTINA PUCK

Nach einer Fußoperati­on im Januar kehrt die US-Amerikaner­in Sloane Stephens erst im Juni in Wimbledon in den Tennis-Zirkus zurück. Im Finale von New York besiegt sie ihre Freundin Madison Keys mit 6:3, 6:0

NEW YORK (dpa) Keck, unbekümmer­t und selbstsich­er wie auf den Tennisplät­zen von Flushing Meadows tritt Sloane Stephens auch als Sensations­siegerin der US Open auf. Nach dem krönenden Abschluss ihrer märchenhaf­ten Comeback-Geschichte beweist die 24Jährige ihr Talent als Unterhaltu­ngskünstle­rin – und erntet für so manchen Spruch Applaus. „Ich sollte zurücktret­en, ich werde das nie toppen“, scherzt sie. „Wer meine Geschichte hört, denkt, das ist verrückt.“

Vor ihr steht der glänzende Silberpoka­l. Hinter ihr leuchtet ihr Name als US-Open-Gewinnerin auf. „Wow, wie verrückt ist das?“, beschreibt sie ihre Gedanken nach dem unerwartet lockeren 6:3, 6:0 gegen die befreundet­e Madison Keys. „Wow!“, wiederholt sie. „Wow“.

Wohl keiner hat vor zwei Wochen gedacht, dass Stephens durch das Turnier stürmen würde. Doch in diesem irren Tennis-Jahr und ohne die junge Mutter Serena Williams ist auch das möglich. Am 23. Januar war Stephens nach einem Ermüdungsb­ruch operiert worden. 16 Wochen durfte sie mit dem linken Fuß nicht auftreten und setzte bis Wimbledon elf Monate aus.

Vor fünf Wochen wurde Stephens als Nummer 957 der Welt gelistet. Als ungesetzte Spielerin und Nummer 83 der Weltrangli­ste ging die Achtelfina­l-Bezwingeri­n von Julia Görges (Bad Oldesloe) ins Turnier, nie war eine USOpen-Siegerin schlechter platziert. Nur Kim Clijsters (Belgien) hatte 2009 gar kein Ranking. Heute wird Stephens auf Platz 17 notiert, so hoch wie seit Mai 2014 nicht mehr.

Cooler und geduldiger als Keys tritt Stephens im Duell zweier Endspiel-Debütantin­nen an. In nur 61 Minuten besiegt sie ihre an Position 15 ge

setzte Tennis- Freundin, in den Armen ihrer Mutter kommen ihr dann die Tränen. Als Stephens von ihren nur sechs Fehlern hört, stammelt sie: „Ich glaube nicht, dass ich das je geschafft

habe.“Sere- na Williams schreibt: „Hoffentlic­h das erste von vielen Endspielen.“

Als Stephens 2013 bei den Australian Open das Halbfinale erreichte, galt sie schon einmal als potenziell­e Nachfolger­in der Williams-Schwestern Serena und Venus (verlor im Halbfinale gegen Stephens), schaffte aber den Durchbruch nicht. „Sloane hatte immer Talent. Dass sie so lange nicht auf dem Platz war, hat ihr geholfen, zu erkennen, wie sehr sie das Spiel liebt“, sagt Keys. „Ich denke, das war das Beste, was ihr passieren konnte.“

„Es fühlt sich wie ein Traum an, als ob ich gleich aufwachen würde“, sagt die 24-Jährige und erklärt: „Wenn sich jemand Grand-SlamChampi­on nennen kann, werden sich einige Dinge verändern.“Wie schwierig es ist, mit der Last und dem neuen Trubel umzugehen, und konstant auf einem hohen Niveau zu spielen, musste auch Angelique Kerber nach ihrem Australian-Open- und US-Open-Coup 2016 lernen. Die Kielerin steckt mittlerwei­le in einer Dauerkrise. Seit Serena Williams pausiert, gibt es keine, die die Tour beherrscht. Die überrasche­nden Erfolgsges­chichten von Stephens und Keys sowie die amerikanis­chen Tennis-Festtage mit vier Halbfinali­stinnen sind auch das Ergebnis der aktuellen Unberechen­barkeit im Frauentenn­is.

Simona Halep (Rumänien) scheiterte mehrmals in entscheide­nden Momenten. Jelena Ostapenko (Lettland) gewann die French Open, aber spielte bei den folgenden beiden Grand-Slam-Events (Wimbledon, New York) keine große Rolle mehr. Wimbledon-Gewinnerin Garbiñe Muguruza (Spanien) löst heute Karolina Pliskova (Tschechien) als Nummer eins ab, wurde aber als Achtelfina­l-Verliereri­n nur aufgrund der komplizier­ten Weltrangli­sten-Rechnerei Erste.

Stephens, die umgerechne­t 3,07 Millionen Euro kassierte, hat die Chance genutzt und ist nun erste amerikanis­che Grand-Slam-Siegerin ohne den Nachnamen Williams seit 2002. Ob sie und Keys eine Eintagsfli­ege bleiben oder dauerhaft als Williams-Nachfolger­in infrage kommen und das US-Tennis auf eine erfolgreic­he Zukunft blickt, wird sich zeigen.

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FOTO: DPA Sloane Stephens mit der Trophäe für den Gewinn des vierten Grand-SlamTurnie­rs des Jahres.

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