Venedig ehrt eine Nixe im Kalten Krieg
Das Filmfestival verlieh „The Shape of Water“des Regisseurs Guillermo del Toro den Goldenen Löwen.
VENEDIG Die Liebe zwischen einem Wasserwesen und einer stummen Putzfrau (Sally Hawkins) hatte die Besucher des Filmfestivals von Venedig von Anfang an verzaubert. Und nun wurde Guillermo del Toro („Pans Labyrinth“) tatsächlich für seinen Film „The Shape of Water“mit dem Goldenen Löwen ausgezeichnet – verdientermaßen. Denn er beschert dem Publikum eine Liebesgeschichte à la „Die Schöne und das Biest“vor dem Hintergrund des Kalten Krieges. Das Wesen soll als Waffe gegen die Russen eingesetzt werden. Und so erzählt der mexikanische Regisseur und Monsterspezialist von großen Gefühlen zwischen Außenseitern und vom Umgang mit dem Fremden.
Die Konkurrenz für del Toro war groß. Das Festival hatte einige starke Filme im Programm, wobei die Amerikaner hervorstachen und zeigten, dass Hollywood nicht nur für Action- und Sequel-Kino steht. George Clooneys Film „Suburbicon“ging zwar leer aus, verlieh dem Festival aber Glanz und wird den Arthouse-Kinos viele Besucher bescheren, genau wie der anrührende Film „The Leisure Seeker“von Paolo Virzi mit Helen Mirren und Donald Sutherland. Martin McDonagh gewann die Auszeichnung für das beste Drehbuch – bei der Tragikomödie „Three Billboards Outside Ebbing, Missouri“mit Woody Harrelson und Frances McDormand führte er auch Regie und hätte ebenso einen Preis verdient.
Den zweitwichtigsten Preis des Festivals, den Großen Preis der Jury, erhielt die deutsche Koproduktion „Foxtrot“von Samuel Maoz, der vor acht Jahren mit „Lebanon“den Goldenen Löwen gewann. Sein neuer Film handelt davon, wie eine israelische Familie mit der Todesnach- richt ihres Sohnes umgeht. Im zweiten Teil schildert Maoz in surrealen Bildern den Alltag des Sohnes als Soldat an einem Wachposten im Nirgendwo. Auch wenn der Film zuweilen etwas quälend wirkt, verfehlt er die Wirkung am Ende nicht und schlägt gekonnt den Bogen zwischen den Handlungsebenen.
Maoz ging es darum, die israelische Gesellschaft zu zeigen, „apathisch und voller Ängste, eine traumatisierte Gesellschaft“, wie er im Interview erzählt. Immer ein Schritt vor, zur Seite, zurück und wieder vor, wie beim Foxtrot, so bewegt sich auch das Leben. Letztlich landet man stets an der gleichen Stelle.
Als bester Schauspieler wurde Kamel El Basha für „The Insult“geehrt, einem Film von Ziad Doueiri. Charlotte Rampling nahm die Auszeichnung als beste Schauspielerin für ihre Rolle in „Hannah“von Andrea Pallaoro entgegen. Darin spielt die 71-Jährige eine einsame Frau, die ihr Leben nach der Verhaftung ihres Mannes ordnen muss.
Gleich zwei Auszeichnungen gingen an den Franzosen Xavier Legrand. Der junge Regisseur wurde für sein Scheidungsdrama „Jusqu’à la garde“mit dem Silbernen Löwen für die beste Regie geehrt. Zuvor hatte er bereits den Luigi-De-Laurentiis-Preis für einen Debütfilm bekommen.
Der Spezialpreis der Jury wurde an „Sweet Country“des Australiers Warwick Thornton vergeben, der von der Gewalt weißer Siedler an Aborigines handelt.
Der 18-jährige Charlie Plummer gewann verdient den Marcello-Mastroianni-Preis für den besten Jungdarsteller. Der Amerikaner spielt in dem Drama „Lean on Pete“von Andrew Haigh einen einsamen Jugendlichen, der in der Arbeit mit Pferden auf der Rennbahn so etwas wie Anschluss findet.