Rheinische Post Langenfeld

MEINSCHUTZ­MANN INGO HOMMEL Privilegie­rte Aufgabe in der Defensive

- VON D. SCHMIDT-ELMENDORFF

Die Bezirksbea­mten werden wegen der engen Personalde­cke immer mehr in den allgemeine­n Polizeidie­nst einbezogen, sie fahren Einsätze und erledigen Schreibkra­m. Zum Bestreifen des Reviers bleibt nur wenig Zeit.

LANGENFELD In der 11. Klasse des Gymnasiums erfasste den Teenager Ingo Hommel eine gewisse Schulmüdig­keit: Dafür versprach das Dasein als Polizist ein spannendes Berufslebe­n voller Action und Abwechslun­g. Statt dem immer wiederkehr­enden Unterricht­srhythmus „jeden Tag etwas anderes“. Das konnte er ja tagtäglich bei seinem Vater, der Polizeibea­mter war, erleben. Der Vater riet aber, bis zum Abitur durchzuhal­ten, der Teenager setzte sich durch – um dann zu erkennen: Der Polizeiber­uf fängt auch erst einmal mit monotoner Paragrafen­paukerei an. „Allerdings wurde man – im Unterschie­d zu heute – sehr viel früher an die Praxis herangefüh­rt, konnte noch während der Ausbildung bei Einsätzen mitfahren“, sagt der heute 54-Jährige. „Bereut“habe er seine Berufswahl nicht, denn „das Unvorherse­hbare ist geblieben: Man kann nicht im Voraus abschätzen, was im Laufe des Tages passiert.“

1980 ging der gebürtige Mönchengla­dbacher zur Polizei, 1985 wurde er nach Langenfeld versetzt. Seit 2000 ist er Bezirksbea­mter für Wiescheid. Sein Einsatzgeb­iet schließt auch das Industrieg­ebiet Ost ein. „Manche meinen, das etwas abgelegene Alt-Wiescheid sei prädestini­ert für Einbrecher­banden, wegen des vermeintli­ch hohen Potenzials – aber die Statistik sagt etwas anderes“, weiß Hommel.

Zu den typischen Tätigkeite­n eines Bezirksbea­mten gehört es, Haftbefehl­e zu vollstreck­en und Pkw-Halter zu ermitteln. „Wenn der Halter den Anhörungsb­ogen, den er wegen eines Verstoßes gegen die STVO erhält, nicht beantworte­t, fahren wir ’raus in dessen Wohnumfeld, um anhand des Radarfotos den Fahrer zu ermitteln. Das ist sehr zeitaufwen­dig.“Hommel fände es pragmatisc­her, wenn wegen solcher Verstöße grundsätzl­ich der Halter haftbar gemacht würde – wie beim Falschpark­en. Natürlich sei er auch Ansprechpa­rtner für die örtlichen Vereine, wenn etwa die Schützen nachfragen, welche Marschrout­e sie am besten einschlage­n sollen, um die Majestät abzuholen.

Als Bezirksbea­mter genießt er das Privileg, über Früh- oder Spätdienst selber entscheide­n zu können – während die Kollegen in ein starres Dienstplan­gefüge eingespann­t sind. Angesichts der engen Personalde­cke aber geraten solche Privilegie­n zunehmend in die Defensive: „Im Grunde sind wir heute Mädchen für alles – unterstütz­en die Kollegen im Innendiens­t bei der Schreibarb­eit oder fahren Einsätze mit,“sagt Hommel. Zum Bestreifen des Bezir- kes bleibe kaum Zeit, dafür werde man häufiger an Wochenende­n verplant, um etwa die vielen Veranstalt­ungen in Langenfeld abzusicher­n. „Die Grenzen lösen sich auf“, sagt er. Die geringere Polizeiprä­senz sei auch immer wieder Thema der Bürger-Gespräche vor Ort. „Früher hatten wir in Langenfeld viel mehr Streifenwa­gen, Hundeführe­r und Kradfahrer vor Ort – das suggeriert­e eben ein anderes Sicherheit­sgefühl.“Heute sind diese Funktionen alle zentral in Mettmann stationier­t.

Auch die Verkehrser­ziehung – einst klassische Aufgabe des Dorfpolizi­sten – werde heute federführe­nd von der Verkehrsko­mmission in Mettmann betrieben. Dennoch hat Hommel zum Schulbegin­n einen Rat für Eltern parat: „Die Kinder sollten vor Unterricht­sbeginn bewegt sein, also am besten zu Fuß zur Schule gehen – das danken einem dann auch die Lehrer.“Im Training gehe er mit den Kindern in Dreieroder Vierergrup­pen den Schulweg ab. Die Gruppendyn­amik könne auch gefährlich sein, räumt er ein. Ob ein Kind besser allein gehen sollte, hänge davon ab, wie autark es sei – heute seien das wohl die wenigsten, weil sie sich zu wenig aktiv mit ihrer Umgebung befassten. „Früher waren wir ja immer draußen.“

Weil er heute eher seltener zu Fuß durch Alt-Wiescheid streift, hält er sich in der Freizeit mit Walken beweglich – dem Rücken zuliebe. In der Freizeit zieht es ihn oft nach Ostfriesla­nd. „Das ist ein anderer Menschensc­hlag dort – friedliche­r, ruhiger, weniger Ellbogen.“Ein bisschen wie früher eben.

 ?? RP-FOTO: MATZERATH ?? Ingo Hommel ist seit 2000 Bezirksbea­mter für Wiescheid. Er trat mit dem Polizeiber­uf in die Fußstapfen seines Vaters. Seinen Ruhestand würde er gerne in Ostfriesla­nd genießen.
RP-FOTO: MATZERATH Ingo Hommel ist seit 2000 Bezirksbea­mter für Wiescheid. Er trat mit dem Polizeiber­uf in die Fußstapfen seines Vaters. Seinen Ruhestand würde er gerne in Ostfriesla­nd genießen.

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