Rheinische Post Langenfeld

Ein Drama in jedem Auto

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Worum es geht? Ein Mädchen wird tot in einer Wohnsiedlu­ng gefunden. Die Straße, an der die Jugendlich­e liegt, führt in Stuttgarts Monster-Stau. Lannert klappert jedes Auto im Stau ab, sucht nach Spuren an den Autos und Hinweisen in den Geschichte­n. Worum es wirklich geht? Darum, dass in jedem der Autos ein eigenes Drama spielt, das von außen nicht zu sehen ist. Hier das frustriert­e Ehepaar, das keine Kinder bekommen kann. Dort die gestresste Mutter mit dem nervtötend­en Kind. Im nächsten Auto der Arbeiter, der sich als Opfer fühlt, in der Limousine die herrische Managerin, die ihren Fahrer wie einen Knecht dritter Klasse behandelt. Es geht darum, wie Menschen reagieren, die die Kontrolle verloren haben. Was war erschrecke­nd? Dass der Zuschauer – mit den Stau-Wartenden – mit jeder Minute, die vergeht, aggressive­r, ungeduldig­er, genervter wird. Es ist alles so klaustroph­obisch, so tragisch in den Mikrokosme­n, dass man dem Reflex widerstehe­n muss, den Fernseher auszuschal­ten. Gut, dass man widersteht – sonst hätte man nie mitbekomme­n, dass die gestresste Mutter das Mädchen umgefahren hat. Denn irgendwie hätte es jeder sein können. Wieso freuen wir uns aufs nächste Mal? Weil Richy Müller und Felix Klare nicht überdrehen: Sie sind nicht zu kaputt, zu psycho, sie schieben sich selbst nicht so penetrant in den Vordergrun­d.

Barbara Grofe

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