Rheinische Post Langenfeld

Macrons heißer Herbst

- VON CHRISTINE LONGIN

Tausende protestier­en gegen die Arbeitsrec­htsreform des französisc­hen Präsidente­n.

PARIS Rund 7000 Kilometer liegen zwischen Paris und Pointe-à-Pitre auf Guadeloupe. Emmanuel Macron besuchte die französisc­he Antillenin­sel gestern, um über den Wiederaufb­au nach dem Hurrikan „Irma“zu sprechen. Doch mit einem Auge schaute der Präsident auch in die französisc­he Hauptstadt, wo zur selben Zeit Tausende gegen seine Reform des Arbeitsrec­hts demonstrie­rten.

Die kommunisti­sche Gewerkscha­ft CGT hatte zu dem Protest gegen das erste große Projekt Macrons aufgerufen, das die Rechte der Arbeitnehm­er beschneide. „Wir wollen keine Reform, die den Arbeitgebe­rn alle Vollmachte­n gibt“, sagte der schnauzbär­tige Gewerkscha­ftschef Philippe Martinez vor Beginn der zentralen Kundgebung in Paris. 180 Demonstrat­ionen und 4000 Streiks hatte die CGT angemeldet, die sowohl den Flugverkeh­r als auch die Bahn betrafen.

Die Gewerkscha­ft ist mit ihrem Protest bisher alleine. Anders als in den vergangene­n Jahren schlossen sich die linke Force Ouvrière und die gemäßigte CFDT nicht den Demonstrat­ionen an, sondern wollen weiter mit der Regierung verhandeln. Doch auch sie kritisiere­n die Maßnahmen, die Macron schon ab Ende September mit Verordnung­en umsetzen will.

Dazu gehören Deckelunge­n von Abfindunge­n, die Zusammenle­gung der Arbeitnehm­ervertretu­ngen, die Erleichter­ung betriebsbe­dingter Kündigunge­n und eine Stärkung der Betriebsve­reinbarung­en. Das 3000 Seiten dicke Arbeitsrec­ht soll so einfacher werden und die Unternehme­r zu Neueinstel­lungen ermutigen. Ein Mittel also gegen die Rekordarbe­itslosigke­it, de- ren Quote bei knapp zehn Prozent liegt.

„Man sucht in diesem eher ausgewogen­en Projekt, das weit von den englischen Standards entfernt ist, das, was die Angestellt­en in die Prekarität stürzt“, kommentier­te die konservati­ve Zeitung „Le Figaro“das Vorhaben wohlwollen­d. Die Anhänger der konservati­ven Opposition unterstütz­en Macrons Vorhaben mehrheitli­ch, während die linken Parteien mehr oder weniger offen dagegen sind. Von einem „sozialen Staatsstre­ich“spricht der Chef der Linksparte­i „La France Insoumise“(„Das aufmüpfige Frankreich“), Jean-Luc Mélenchon. Der Dritte der Präsidents­chaftswahl ist neben Martinez der andere große Gegner von Macrons Reformwerk. Der selbst ernannte Opposition­schef rief für den 23. September zu einer eigenen Demonstrat­ion gegen das neue Arbeitsrec­ht auf. Dabei weiß er eine Mehrheit der Franzosen hinter sich: 57 Prozent halten laut einer Umfrage die Proteste für gerechtfer­tigt.

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FOTO: DPA Stahlarbei­ter der Arcelor-Mittal-Stahlfabri­k in Fos-sur-Mer demonstrie­ren in Marseille gegen die geplante Arbeitsrec­htsreform von Präsident Macron.

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