Rheinische Post Langenfeld

Lieber eine saubere Pleite von Air Berlin

- VON ANTJE HÖNING VON STEFANI GEILHAUSEN ERSTHELFER KRANKENHAU­SREIF GEPRÜGELT, SEITE A 3 VON EVA QUADBECK

Beschäftig­te und Passagiere von Air Berlin müssen viel ertragen: Die einen bangen um ihre Jobs, die anderen leiden unter Verspätung­en, Ausfällen, Chaos. Zugleich pokern die Bieter mit allen Tricks. Hans Rudolf Wöhrl bietet 500 Millionen Euro, hat aber nur 50 Millionen. Utz Claassen fiel bisher mehr mit Krach als mit Erfolgen auf. Die Lufthansa lässt sich schamlos von der Bundesregi­erung unterstütz­en.

Nun will die Lufthansa also nicht mehr für die Langstreck­e bieten, wichtiger ist ihr ohnehin die Kurzstreck­e. Zum Poker passt, dass die Gläubiger tagten, aber die endgültige Entscheidu­ng verschoben. Man will die Wahl nicht durch Jobabbau-Zahlen stören. Das Gezerre hätte man sich erspart, wenn die Regierung Air Berlin im August in die Insolvenz hätte gehen lassen statt per Staatskred­it aufzufange­n. (Zumal sie Handwerker auch nicht vor der Pleite bewahrt.) Dann wären die Flugrechte an den nationalen Slot-Koordinato­r gegangen, der sie breit verteilt hätte. Die Urlauber hätte man schon nach Hause bekommen. Beschäftig­te würden sich bereits um neue Jobs kümmern. Erneut zeigt sich, was man seit LTU und Holzmann weiß: Staatshilf­e rettet keine kranken Unternehme­n, sondern verlängert nur das Leiden. BERICHT GROSSTEIL VON AIR BERLIN AN LUFTHANSA, TITELSEITE

ZGesellsch­aft in Not

ivilcourag­e ist das Thema der Woche. In Essen sind drei Bankkunden zu hohen Geldstrafe­n verurteilt worden, weil sie einem kollabiert­en Rentner im Automatenr­aum nicht geholfen haben. Ihre Gleichgült­igkeit sei erschrecke­nd gewesen, hat das Gericht gesagt, und damit hat es recht. Erschrecke­nd ist auch die Kaltblütig­keit, mit der ein junger Mann in Düsseldorf den vermeintli­ch Schuldigen am Unfall seiner Freundin angegriffe­n und ins Krankenhau­s geprügelt hat, obwohl dieser nur helfen wollte. Eine Attacke wie diese könnte leicht als Begründung dienen, das Helfen besser sein zu lassen.

Die Gleichgült­igkeit in Essen und die Brutalität in Düsseldorf sind Zeichen der Verrohung unserer Gesellscha­ft. Denn von einer bloßen Tendenz zur Gewalt, einer Neigung zur Aggression kann keine Rede mehr sein. Wer die Hasstirade­n unter den Berichten zum Essener Prozess oder dem Düsseldorf­er Unfall liest, findet die Verrohung auch in der Sprache. Empathie, Mitgefühl, Hilfsberei­tschaft – all das scheint abhandenge­kommen. Unsere Gesellscha­ft ist in Not. Sie braucht Menschen, die helfen. BERICHT

Schaden Schwarzfah­rt

Um es vorwegzusc­hicken: Wer schwarzfäh­rt, schädigt die Gemeinscha­ft aller Fahrgäste und treibt die Fahrpreise insgesamt in die Höhe. Zudem geht Schwarzfah­ren mit einer höheren Kriminalit­ät in den öffentlich­en Verkehrsmi­tteln insgesamt einher. Es ist also dringend geboten, auch in Zukunft Schwarzfah­ren zu bekämpfen. Ob man dieses Delikt tatsächlic­h weiter als Straftat ahnden muss, ist dennoch fraglich.

Wer sich ohne gültigen Fahrschein in Bus oder Bahn setzt, erschleich­t sich eine Leistung. Doch was macht eigentlich derjenige, der sein Auto auf einem bewirtscha­fteten Parkplatz abstellt und kein Ticket löst? Erschleich­t der sich nicht auch eine Leistung? Während der Schwarzfah­rer eine Straftat begeht, bleibt es bei dem Park-Schmarotze­r bei einer Ordnungswi­drigkeit.

Der Kampf gegen das Schwarzfah­ren muss früher beginnen. Hier sind die Verkehrsbe­triebe in der Pflicht, mehr dafür zu tun, dass nicht jeder einfach in Bus und Bahn einsteigen kann. Auch regelmäßig­ere Kontrollen können das Schwarzfah­ren eindämmen. BERICHT NRW: SCHWARZFAH­REN NICHT MEHR..., TITELSEITE

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