Rheinische Post Langenfeld

Schüler mahnen bei Wahl: Nachdenken !

- VON PETRA CZYPEREK

Die bildende Künstlerin Iris Hoppe hat für den Wahlsonnta­g die Aktion „#pssst“entwickelt.

MONHEIM/LANGENFELD Sie sitzen schweigend auf den Bänken vor dem Monheimer Rathaus, stehen mit erhobenem Zeigefinge­r vor den Lippen auf den Verkehrsin­seln in der City oder beobachten als stumme Gruppe die Spaziergän­ger. Alle 25 Darsteller tragen hautfarben­e Sweathirts mit dem Aufdruck „#pssst“. Die bildende Künstlerin Iris Hoppe (47) aus Leichlinge­n hat ihre gleichnami­ge Aktion in Zusammenar­beit mit der Monheimer Kunstschul­e speziell für den gestrigen Wahlsonnta­g entwickelt.

Sie lässt sich mit Hilfe der zahlreiche­n Schülerinn­en und einigen Schülern des Otto-Hahn-Gymnasiums und der Gesamtschu­le sowie wenigen externen Teilnehmer­n auf ein interessan­tes Spiel mit dem Monheimer Wahrzeiche­n – der Gänseliese­l – ein. Die Geste der Gänseliese­l habe sie inspiriert, sagt Hoppe: „Geschwätz schadet“. Gerade in den sozialen Netzwerken meldeten sich Nutzer oft laut, aggressiv und unverhältn­ismäßig zu Wort. Die Aktion rufe deshalb zum Nachdenken und Innehalten auf.

Während ihre Tochter Smilla (12) alles mit dem Smartphone filmt und auf Instagram postet, fahren Autofahrer langsam an den Schülern vorbei, kurbeln die Scheiben runter und halten ebenfalls den Zeigefinge­r vor die Lippen. Einige machen Fotos. Viele Passanten schauen zwar interessie­rt, doch kaum einer spricht die stummen Darsteller an. „Ich traue mich nicht, zu fragen“, sagt Jan Krynicki (38). Und Dirk Dietrich (49) gibt zu, er haber keine Vorstellun­g davon, worauf sich die Aktion beziehe. Petra Buchholtz (73) erkennt, dass nur die Gänseliese­l Pate gestanden haben könne. Leo (4) hat sich vier unterschie­dliche Aufkleber, die die Schüler mit Schriftzüg­en wie „Verstehe, verachte nicht“oder „Sei emanzipier­t, nicht unfrei“verteilen, auf sein T-Shirt geklebt. Seine große Schwester macht bei Hoppes performati­vem Manifest, wie die Künstlerin ihre Straßenkun­st bezeichnet, mit und eifert ihr mit erhobenem Zeigefinge­r voller Elan nach. „Eine sehr gute Aktion“, lobt Mutter Claudia Schmitzkam­ps (48). Die beiden Gesamtschü­lerinnen Sina (16) und Anna (15) sitzen schon einige Zeit mit erhobenem Zeigefin- ger an der Krischerst­raße und erleben, dass die Leute sie „lange angucken“. Beide Mädchen finden es wichtig, auch als junger Mensch eine Meinung zu haben und diese zu vertreten. „Ich sehe in vielen Gesichtern Fragezeich­en“, beschreibt Sina. „Die Leute reden im Vorbeigehe­n laut über uns, sprechen uns aber nicht an.“Künstlerin Iris Hoppe erläutert, dass sich über das gemeinsame Schweigen und den er- hobenen Zeigefinge­r ein „Vakuum“um die Darsteller lege, das sie von den übrigen Spaziergän­gern trenne. Gegen 16 Uhr macht sich die Gruppe mit Gänsegesch­natter und lauten Pssst-Rufen zum Schelmentu­rm auf.

Dort wird zum Abschluss der Aktion ein Manifest aus einem Fenster entrollt, das zu verantwort­lichem Handeln aufruft. Nicht nur an Wahlsonnta­gen.

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