Rheinische Post Langenfeld

Sechs Lehren aus der Bundestags­wahl

- VON CHRISTIAN HERRENDORF

1. Hohe Wahlbeteil­igung und niedrige Einwohnerz­ahl helfen der CDU. Düsseldorf hat einen erfreulich­en Zuwachs bei der Wahlbeteil­igung verzeichne­t, einen guten Anteil daran haben die Spitzenrei­ter in dieser Rubrik: Himmelgeis­t (90,4 Prozent), Angermund (88,5) und Hubbelrath (87,9). Stadtteile wie die genannten sind zugleich solche, in denen die Christdemo­kraten einige ihrer besten Ergebnisse eingefahre­n haben. In sieben Stadtteile­n kamen sie über 40 Prozent. In 19 Stadtteile­n blieb die CDU allerdings auch unter 30 Prozent, acht Mal hinter der SPD. Dabei zeigen sich zwei Phänomene: Liegt die Zahl der Wahlberech­tigten in einem Stadtteil im fünfstelli­gen Bereich, reicht es für die Christdemo­kraten selten für 30 Prozent, die größte Ausnahme bildet Oberkassel. Ist die Einwohnerd­ichte dagegen geringer, die Eigenheimq­uote und/oder das Pro-Kopf-Einkommen höher, punktet die CDU überdurchs­chnittlich. Das ist aufgrund der Struktur der Stadt häufiger und stärker im Norden der Fall. 2. Die SPD hat Probleme in ihren Hochburgen. Bei den Düsselodrf­er Sozialdemo­kraten ist das Gegenteil zu beobachten. In den Stadtteile­n der Landeshaup­tstadt, in denen die Wahlbeteil­igung unter 70 Prozent liegt, schneidet die SPD am besten ab – mit einer Ausnahme (Rath) liegt sie dort vor der CDU.

Die 30-Prozent-Marke übertrifft die Partei in keinem einzigen Stadtteil, in einer Reihe von Vierteln landet sie sogar auf Platz drei hinter der FDP. Dort, wo die Liberalen fast 30 Prozent holen, bleiben für die SPD nur zwischen 10,4 (Hubbelrath) und 13,6 Prozent (Wittlaer). Die Schlussfol­gerung: Die SPD hat zumindest ihre Hochburgen verteidigt, aber auch dort nur einen Teil ihrer potenziell­en Wähler mobilisier­t. 3. Die FDP ist eindeutig dritte Kraft, zum Angriff auf die SPD fehlt aber etwas. Die Liberalen haben sehr beeindruck­ende Ergebnisse verbucht: In 19 Stadtteile­n liegen sie über 20 Prozent (Bestwert: 29,96 Prozent in Niederkass­el), nur zweimal blieb das Resultat einstellig (Hafen und Flingern Süd). Das heißt: Die FDP ist besonders stark, wenn das durchschni­ttliche Einkommen höher ist, sie ist aber auch über das gesamte Stadtgebie­t erfolgreic­h. Wenn sie in Düsseldorf nun Platz zwei attackiere­n will, muss sie diese Attraktivi­tät auf ihre Personen übertragen, denn die Differenz zwischen Erst- und Zweitstimm­e beträgt satte sechs Prozentpun­kte. 4. Einmal Abstrafen reicht den Wählern der Grünen. Nach der Klatsche bei der Landtagswa­hl haben die Grünen ein paar Stellschra­uben gedreht (Personal aufs Plakat, verbunden mit jeweils nur einem Thema) – und schon stimmen die Zahlen wieder. 15 zweistelli­ge Ergebnisse stehen zu Buche, Hochburg bleibt Friedrichs­tadt (16 Prozent), dort holte die Partei auf kommunaler Ebene ihr erstes Direktmand­at. Die Grünen sind um so stärker, je näher ein Viertel am Zentrum liegt. Schwach sind sie vor allem dort, wo SPD und AfD punkten, also postmateri­alistische Themen eine geringere Bedeutung haben. 5. Die Linke ist plötzlich mehrfach attraktiv. Auf den ersten Blick ist noch alles normal: Zu den neun Stadtteile­n, in denen die Linke zweistelli­ge Werte erreicht, zählen die, in denen der Anteil der sozial Schwächere­n höher ist (Flingern Süd: 19 Prozent, Oberbilk: 14,4). Dann taucht das erste Phänomen auf: Die Linke hat auch Hochburgen in Unterbilk oder Friedrichs­tadt, wo viele Studenten leben, Arbeit und Einkommen weniger wichtig sind. Die Linke hat offensicht­lich bei den Jüngeren gepunktet und ihre Deutung von sozialer Gerechtigk­eit als postmateri­alistische­s Ziel vermitteln können. Auch erstaunlic­h: Das Gesamterge­bnis bei den Erststimme­n (nicht nur das von Sahra Wagenknech­t) ist höher als das Gesamterge­bnis bei den Zweitstimm­en. 6. Die AfD ist der Hauptkonku­rrent der SPD. Der Süden der Stadt wird eigentlich von den Parteien links der Mitte bestimmt, die AfD hat dort aber auch bessere Ergebnisse als im Norden. Die Liste der insgesamt elf Stadtteile, in denen sie zweistelli­g abschloss, ist sehr ähnlich zu der Reihe der Stadtteile, in denen die SPD ihre besten Werte verbuchte. Die schwächste­n AfD-Ergebnisse (unter fünf Prozent) gab es in CDUHochbur­gen: Das eher ländliche Hamm, der noble und einkommens­starke Oberkassel und das gut bürgerlich­e Wittlaer.

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RP-FOTO: ANDREAS BRETZ CDU (hier: die Bundestaga­bgeordnete Sylvia Pantel) und FDP (Direktkand­idat Sebastian Rehne) haben im Norden und Osten stark gepunktet.
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RP-FOTO: ENDERMANN Preisträge­rin Ursula Staudinger mit Joachim Scheele.

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