Rheinische Post Langenfeld

ANALYSE Immer

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mehr Gewerkscha­ften rücken flexiblere Arbeitszei­ten in den Mittelpunk­t von Tarifverha­ndlungen. Sie tragen damit dem Wunsch der Mitglieder nach mehr Selbstbest­immung Rechnung.

mer seltener ein festes Ende der Arbeitszei­t. Zum anderen nehme der Anteil der Stellen mit atypischen Arbeitszei­ten – etwa Schichtarb­eit – zu. „Die Freizeit verliert aber an Wert, wenn sie in einer Zeit anfällt, in der alle anderen Menschen arbeiten“, sagt Klenner.

Die Gewerkscha­ften begründen ihre Forderung nach einer Absenkung der Arbeitszei­t nicht allein mit dem Wunsch nach mehr Zeit für Familie und Hobbys. Eine flexibler gestaltbar­e Arbeitszei­t gewinnt auch aus gesundheit­lichen Gründen an Bedeutung – schließlic­h müssen die Beschäftig­ten länger arbeiten, um abschlagsf­rei in Rente gehen zu können. Und auch die Arbeitgebe­r haben angesichts des drohenden Fachkräfte­mangels ein Interesse daran, die Arbeitnehm­er länger im Betrieb zu halten.

„Die Belastung durch atypische Arbeitszei­ten können enorm sein. Viele Gewerkscha­ften haben reagiert und entspreche­nde Tarifvertr­äge aufgelegt“, sagt Klenner. Je nach Ausgestalt­ung könnten die Beschäftig­ten Arbeitszei­t, Überstunde­n oder Geld auf einem Konto ansparen, mit dem dann Arbeitszei­tverkürzun­gen oder Auszeiten zu einem späteren Zeitpunkt gegenfinan­ziert werden könnten. Die Bahn rechnet nach eigenen Angaben damit, dass viele der Beschäftig­ten, die sich für die sechs zusätzlich­en Urlaubstag­e entschiede­n haben, diese auf ihr Arbeitszei­tkonto packen und für später horten.

Natürlich muss jeder Ausfall von Arbeitszei­t von den Kollegen, durch Vertretung­en oder eine veränderte Arbeitsorg­anisation aufgefange­n werden. „Eine solche Organisati­on ist ein hochkomple­xes Problem, das vor allem die Führungskr­äfte und das Personalma­nagement fordert“, sagt Klenner.

Mehr Flexibilit­ät ist im Übrigen keine reine Absenkungs­frage: Bei einer Befragung des Arbeitgebe­rverbands Gesamtmeta­ll gaben 77 Prozent der Beschäftig­ten an, sie könnten sich vorstellen, länger als die gesetzlich erlaubten zehn Stunden am Stück zu arbeiten. Allerdings machten sie auch hier eine Einschränk­ung – 80,5 Prozent davon fügten hinzu: „Aber nur, wenn ich dies selbst will.“

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