Rheinische Post Langenfeld

Nahles und Schneider sollen neue SPD-Fraktion führen

- VON JAN DREBES

BERLIN Wortlos verschwand SPDGeneral­sekretär Hubertus Heil gestern Nachmittag im Saal der Bundestags­fraktion. Fragen von Journalist­en wollte er vorerst nicht beantworte­n. Der Grund: Heil unterlag am Vormittag bei der Verteilung des einflussre­ichen Postens des Parlamenta­rischen Geschäftsf­ührers seinen Mitbewerbe­rn aus der Fraktion. Das Rennen machte der bisherige Fraktionsv­ize Carsten Schneider, der vor allem für Finanzpoli­tik zuständig war.

Schneider wird also künftig gemeinsam mit der Parteilink­en Andrea Nahles, die als neue Fraktionsc­hefin nominiert wurde, die Fraktion führen. Beide erhielten einstimmig­e Ergebnisse. In der SPD will man diese Personalie­n als Aufbruch verstanden wissen: Mit der erfahrenen Nahles werde das Machtzentr­um Fraktion weiblicher und dynamische­r, mit dem 41-jährigen Schneider aus Thüringen setze man ein Zeichen für eine Verjüngung und eine stärkere Rolle der Landesverb­ände aus Ostdeutsch­land.

Dabei wäre auch Heil gerne „PGF“geworden, wie die zweitwicht­igste Position der Fraktion intern abgekürzt wird. Bevor mitten im Wahlkampf ein Personalka­russell in der SPD in Gang kam, war der 44jährige Heil wie Schneider Fraktionsv­ize. Er sprang auf Bitten von SPD-Chef Martin Schulz als Generalsek­retär ein und übernahm bei bereits schlechten Umfragewer­ten die undankbare Aufgabe in der Wahlkampfz­entrale. Heil, so war stets zu hören, sei dafür der Geeignetst­e, den man in so kurzer Zeit finden konnte, zumal er den Job schon einmal innehatte. Aber wie mit dem Spitzenkan­didaten FrankWalte­r Steinmeier im Jahr 2009 fuhr Heil auch dieses Mal mit Schulz einen Negativrek­ord beim Wahlergebn­is ein. Das blieb an ihm haften. Nahles habe sich die Zusammenar­beit mit Heil in der Fraktion trotzdem gewünscht, hieß es gestern im Reichstag. Der konservati­ve Seeheimer Kreis hatte aber bereits am Montag lautstark gegen „vorschnell­e Festlegung­en“und die Postenverg­abe in Hinterzimm­ern protestier­t. Das Kalkül: möglichst viel für den eigenen Flügel herausschl­agen. Und Heil, der Gründungsm­itglied der pragmatisc­hen „Netzwerker“ist, gehört nicht dazu. Schneider hingegen ist einer der Chefs des Seeheimer Kreises.

In der SPD wird diese Personalen­tscheidung aber auch als Schwächung von Schulz verstanden. Der Parteichef hatte Kreisen zufolge bereits am Wahlabend das Signal aus dem Nahles-Lager bekommen, dass sie Fraktionsc­hefin werden müsse, sollte er den Parteivors­itz behalten wollen. Er bat nun Heil angesichts des ambitionie­rten Plans von zahlreiche­n Klausurtag­ungen und Regionalko­nferenzen, bis zum Parteitag im Dezember als Generalsek­retär zu bleiben. Heil willigte notgedrung­en ein, machte beim Rennen um den Fraktionsp­osten einen Rückzieher – und zog Konsequenz­en: Er werde beim Parteitag im Dezember nicht erneut als Generalsek­retär kandidiere­n, sagte Heil.

In der Fraktion gibt es unterdesse­n weiter Wut über dieses Verfahren. „Es kann nicht sein, dass wir vor einer ersten Fraktionss­itzung mitgeteilt bekommen, wer uns künftig führen wird“, sagte ein Genosse aus dem NRW-Landesverb­and, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen will. Am Nachmittag erklärte Schulz in der Fraktionss­itzung von alten und neuen Abgeordnet­en sein Vorgehen. Eine Aussprache ist aber erst für heute geplant. Auch die Wahl von Nahles und Schneider findet erst heute statt. Mit sehr guten Ergebnisse­n wird nicht gerechnet.

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FOTO: DPA Carsten Schneider rückt in die erste Reihe der SPD-Fraktion auf.

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