Melancholische Roboter: Phoenix spielen in Köln
KÖLN (mfk) Die Indie-Pop-Band Phoenix hat den Sound der 2000er Jahre entscheidend geprägt. Die Schrammel-Gitarren des GarageRock-Revivals waren das NonplusUltra, als Phoenix daran erinnerte, dass auch das Disco-Jahrzehnt Klänge und Haltungen hervor gebracht hat, an die es anzuknüpfen lohnt. Auf der Tour zum neuen Album „Ti Amo“, auf dem sie mit der italienischen Variante von Disco und Pop spielen, die als Italo-Pop derzeit eine Renaissance feiert, kommen die Franzosen mit dem besten Bühnenkonzept für ein Clubkonzert um die Ecke, das man seit langem erlebt hat.
Rund 1500 Fans sind ins Kölner EWerk gekommen und genießen nicht nur einen Ohrenschmaus mit der typisch käsig-klebrigen, von Synthesizern und tanzbarem Schlagzeug-Rhythmus geprägten Musik – sondern auch visuelles Ereignis: Die sechsköpfige Band um den coolen, schlacksigen Sänger Thomas Mars steht auf einem Tanzboden, der zugleich Videowand ist, und schräg über sie ist ein Spiegel geklappt. Die Podeste für Schlagzeug und Keyboards sind durchsichtig, und das Publikum sieht die Musiker so nicht nur frontal, sondern auch von oben in Farbwelten, Schriftzügen, Glitzerlichtern oder Sternenhimmeln schweben.
Das Arrangement unterstreicht die Leichtigkeit dieser Musik, die auch ihre Zuhörer von der Schwerkraft zu befreien scheint. Bald tanzen alle oder schwofen zumindest von links nach rechts, hinten und vorne und bei Hits wie „Lisztomania“oder „If I Ever Feel Better“, das kurz vor Schluss in den „Funky Squaredance“übergeht, geben sie auch mal entzückte Schreie ab. Etwas komplexer als sonst sind die Songs des aktuellen Albums „Ti Amo“geraten, die auch mal melancholische Einschübe haben.
In Köln bringen Phoenix den Schlusstitel dieses Albums zur LivePremiere: In „Telefono“singt Thomas Mars tatsächlich in ein historisches, rotes Telefon. Seine Stimme klingt mechanisch und traurig – wie ein depressiver Roboter. Beim Publikum verfängt der Song nicht so sehr.
Vielleicht ist die Band nach 20 Jahren an jenem Karrierepunkt angelangt, an dem sich die Anhänger eher nach dem alten Material sehnen.