Rheinische Post Langenfeld

Drei Alpenlände­r im Motorrad-Check

- VON THOMAS REISENER

Wohin in den letzten Biker-Wochen der Saison? Italien ist lecker, Österreich günstig, die Schweiz phänomenal.

DÜSSELDORF Die knappe Million Motorradfa­hrer in NRW hofft auf ein goldenes Saisonfina­le: Die meisten Saisonkenn­zeichen erlauben Ausfahrten bis Ende Oktober. Wohin sollten Biker fahren, die noch ein wenig Resturlaub für ihre zwei Räder übrig haben? Wir haben drei klassische Motorradre­gionen in den Alpen miteinande­r vergleiche­n. Schweiz Ja, Urlaube in der Schweiz sind teuer. Dazu trägt nicht nur der teure Wechselkur­s bei – die Gastronomi­e ist auch ohne den Währungsfa­ktor nicht günstig. Von den für einen Motorradur­laub relevanten Kostenblöc­ken ist eigentlich nur das Benzin nicht teurer als in Deutschlan­d.

Aber: So teuer wie noch vor wenigen Jahren ist die Schweiz für deutsche Urlauber auch nicht mehr. Gerade in der Nebensaiso­n – und dazu gehört der Oktober – locken viele Hotels mit Schnäppche­n. Was außerdem für die Schweiz spricht: Dem fast durchweg hohen Preisni-

Am Furkapass lieferten sich James Bond und Gegenspiel­er „Goldfinger“eine Verfolgung­sjagd

veau steht eine durchweg gute Leistung gegenüber.

Das gilt besonders für die Straßen: Die Traumpässe in der Schweiz bieten – weil größtentei­ls überdurchs­chnittlich hoch gelegen und zum Teil spektakulä­r in den Berg gebaut – nicht nur die beeindruck­endsten Naturerleb­nisse in unserem DreiLänder-Vergleich. Sie sind außerdem überwiegen­d in besserem Zustand als die Straßen in Österreich und in Italien. Der Asphalt ist grobporige­r und deshalb besonders griffig. Und vor allem: Die Verkehrsdi­chte ist geringer.

Ein absolutes Muss für jeden Schweiz-Motorrad-Touristen ist das Pässe-Carré um Andermatt. Der erst 70 Jahre alte und 45 Kilometer lange Susten-Pass verbindet auf 23 Kehren die Kantone Uri und Bern. Kurz vor der Passhöhe endet der Baumbewuch­s, und der Blick auf das Gwächtenho­rn und die Wendenstöc­ke liegt frei.

In Richtung Uri fahrend geht er fast nahtlos über in den nicht weniger spektakulä­ren Furkapass, der ins Wallis führt und Schauplatz einer der berühmtest­en Film-Verfolgung­sjagden war: Dort lieferten sich Sean Connery als James Bond und „Goldfinger“Gert Fröbe ihr Duell.

Der vielleicht schönste MotorradPa­ss in den schweizeri­schen Alpen ist der weniger berühmte Julierpass von Tiefencast­el nach Silvaplana bei St. Moritz: Die 26 Kehren auf den 43 Kilometern sind nicht alle spitz, so dass man in atemberaub­ender Landschaft die Dynamik ganz unterschie­dlicher Schräglage­n genießen kann. In unmittelba­rer Umgebung liegt noch ein halbes Dutzend spektakulä­rer Pässe wie der Albulapass, der Flüel- oder der Ofenpass, so dass man allein von Davos aus ein paar äußerst abwechslun­gsreiche Motorradta­ge verbringen kann. Italien Durch das zauberhaft ruhige Tessin kann man sich dann hinunter zu den norditalie­nischen Seen treiben lassen. Brescia zum Beispiel wird unterschät­zt, weil weder direkt am Gardasee noch direkt am Lago d’Iseo gelegen, sondern dazwischen. Aber Bikern macht das ja nichts. Sie brauchen keine Parkplätze, wollen ohnehin jeden Tag mindestens ein paar Kilometer cruisen und sind deshalb flexibel. So können sie den schönen Ort gut als relativ preisgünst­ige Ausgangsba­sis zu den Seen oder auch für Ausfahrten etwa über den Passo Di Gavia hoch ins italienisc­he Bormio nutzen. Von dort aus lockt zwar das berüchtigt­e Stilfser Joch. Aber dieser Pass wird überschätz­t. Er ist an schönen Tagen überfüllt. Vor allem von Caravan-Fahrern und Wohnmobili­sten, die mit ihren schwankend­en Großwürfel­n gleich beide Fahrspuren blockieren und jedem Pass den Motorradsp­aß rauben.

Überhaupt ist das vermeintli­ch günstige Preis-Leistungs-Verhältnis in den italienisc­hen Alpen Magnet für zu viele Motorbegei­sterte. Der häufig zähe Verkehr gebärdet sich ruppiger als in der Schweiz und in Österreich, und die italienisc­he Alpen-Gastronomi­e hat auch längst gelernt, wie sie dem gigantisch­en Pulk von Motorradfa­hrern das Geld aus der Tasche ziehen kann. Dennoch ist Italien eben Italien. In der Neben- und Nachsaison sind die italienisc­hen Alpen für Biker sicher eher zu empfehlen als im August. Österreich Von Sölden aus können Biker eine wunderbare Tour über das mautpflich­tige Timmelsjoc­h (14 Euro), den Jaufenpass nach Sterzing und von dort über den Brennerpas­s nach Innsbruck unternehme­n. Von den drei genannten Pässen ist das Timmelsjoc­h der berühmtest­e und wohl auch landschaft­lich spektakulä­rste. Die 44 Kehren auf 49 Kilometern – gelegentli­ch lauern Blitzer auf allzu ambitionie­rte Biker – fordern allerdings volle Konzentrat­ion. Wer die Ausblicke auf die Gletscher der Ötztaler Alpen rund um das 2500 Meter hohe Joch genießen will, ist zu Pausen gezwungen. Auf der italienisc­hen Seite sind die Straßen deutlich schlechter als auf der österreich­ischen, aber immer noch ausreichen­d gut. Der Kühthaisat­tel ist mit nur zehn Kehren auf fast der gleichen Streckenlä­nge fahrerisch beinahe das Gegenteil. Gleichwohl nicht weniger lohnend, weil gerade dadurch der landschaft­liche Reiz der ausgedehnt­en Almen auch während der Fahrt bestaunt werden kann. Österreich ist unter den drei hier genannten Motorradpa­radiesen dasjenige mit dem günstigste­n Preis-Leistungs-Verhältnis.

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FOTOS: DPA Am Stilfser Joch geht es für die Motorradfa­hrer durch enge Kehren, gerade in der Hochsaison ist es aber sehr voll.
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