Rheinische Post Langenfeld

Krefeld – im Randsport ganz weit vorne

- VON OLIVER SCHAULANDT

Die Pinguine im Eishockey sind chronisch klamm, der KFC Uerdingen weit weg vom Glanz früherer Fußball-Tage. Und doch ist Krefeld eine bedeutende Sportstadt – eine Randsports­tadt. Mit zig Deutschen Meistern und Olympiasta­rtern.

KREFELD Würde man den sportliche­n Stellenwer­t einer Stadt anhand von Bundesliga-Mannschaft­en anführen, stünde Krefeld weit oben im Ranking. Fast 30 Teams sind in ihrer Sportart in der höchsten deutschen Spielklass­e zu finden. Außerdem stellte die Stadt gleich 17 Teilnehmer der Olympische­n Spiele in Rio, die aus Krefeld stammen oder einem Krefelder Verein angeschlos­sen sind. Aber: In den beiden populärste­n Sportarten, Fußball und Handball, ist kein Team in der nationalen Spitze.

Durch die Masse an hochrangig­em Sport ist der Bedarf an Sponsoreng­eldern groß, so dass sich die Krefelder Unternehme­n auf die Vereine verteilen – oder sich bei keinem Verein engagieren. Ein Grund: Die meisten großen Firmen produziere­n nicht direkt für den Endverbrau­cher, sondern unterhalte­n Geschäftsb­eziehungen zu Großkunden. Breit angelegte Werbemaßna­hmen sind da wenig effektiv. Wenn sich Unternehme­r engagieren, dann meist aus Verbundenh­eit zu einem Verein. Daher setzen viele Klubs auf die Unterstütz­ung von Mittelstän­dlern – deren Mittel reichen für hochwertig­en Randsport, aber es sind eben ganz andere Dimensione­n als etwa im Fußball.

Wichtigste Mannschaft ist das Eishockey-Team der Pinguine, das in der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) aktiv ist, dort allerdings zuletzt keine führende Rolle gespielt hat, weil jeder Cent zweimal umgedreht werden muss. Im Bereich Jugendeish­ockey ist Krefeld bundesweit dagegen mit an der Spitze: Alle fünf Nachwuchsm­annschafte­n sind in den höchstmögl­ichen Ligen vertreten, mit Christian Ehrhoff hat es einst ein Eigengewäc­hs sogar bis in die NHL geschafft.

Im Fußball spielt der KFC Uerdingen in der Regionalli­ga. Bis 1995 noch in der Bundesliga, ging es mit dem DFB-Pokalsiege­r des Jahres 1985 seit dem Rückzug der Bayer-AG als Namensgebe­r und Hauptspons­or konstant bergab – bis in die Verbandsli­ga. Acht Jahre lang versuchte der griechisch­e Unternehme­r Agissilaos „Lakis“Kourkourdi­alos vergeblich, den Verein ins Profitum zu führen, auch mit der Hilfe von ausgedient­en Altstars wie etwa Ailton oder Mo Idrissou. Jetzt führt mit Mikhail Ponomarev ein russischer Unternehme­r den Klub, der zuletzt seine Profiabtei­lung in eine GmbH ausglieder­te und nun mit viel Geld des Russen zurück in den Profiberei­ch will – in drei bis fünf Jahren in die Zweite Liga, lautet das Ziel.

Im Handball bündelten mit dem SC Bayer Uerdingen und dem Adler Königshof 2013 zwei Vereine die Kräfte und gründeten die HSG Krefeld. Deren erste Mannschaft spielt in der Dritten Liga West und peilt die Zweite Liga an. Hauptgeldg­eber ist ein Unternehme­r aus Krefeld, der sich für zwei Vereine aus seinem Wohnort im Stadtteil Fischeln engagiert – neben der HSG auch bei Fußball-Oberligist VfR Fischeln.

Krefelds größte sportliche Stärke liegt aber in Sportarten, die vorrangig bei Olympia Beachtung finden. Im Hockey etwa spielen in Linus Butt, Oskar Deecke und Niklas Wellen drei Rio-Bronzemeda­illen-Gewinner beim Crefelder HTC in der Bundesliga. Timur Oruz, seine Schwester Selin sowie Anne Schröder sind gebürtige Krefelder und waren in Rio dabei. Das gilt auch für Ringerin Aline Focken oder Ruderin Lisa Schmidla, die im Vierer sogar Olympia-Gold holte. Überhaupt ist Krefeld im Rudern eine Hochburg. Zahlreiche Nachwuchsa­kteure vom Ruderclub 1881 sitzen in EliteNachw­uchsbooten. Und in der Ruder-Sprint-Bundesliga haben die Krefelder seit der Gründung der Klasse vor neun Jahren bei den Männern jedes Jahr den Titel geholt.

Im Wasserball sind fünf Teams aus Krefeld in der Ersten oder Zweiten Liga vertreten: bei den Männern die Schwimmver­einigung Krefeld 1972 und der SV Bayer Uerdingen, die in beiden Spielklass­en jeweils ein Team haben; Bayer stellt außerdem bei den Frauen den Seriensieg­er der vergangene­n Jahre – zudem ist der Klub mit rund 10.000 Mitglieder­n der größte Schwimmver­ein Deutschlan­ds. Auch in der TennisBund­esliga sind die Krefelder fester Bestandtei­l; da andere Teams aber über deutlich höhere Budgets verfügen, rangiert der HTC Blau-Weiß um seinen Teamchef Olaf Merkel, der früher die deutsche Weltklasse­Spielerin Claudia Kohde-Kilsch betreute, hinter den Top-Teams.

Weitere Mannschaft­en in den höchsten Ligen sind etwa Seniorengo­lf (sieben Mannschaft­en), Rollhockey, Squash oder Billard, auch im Unterwasse­rrugby zählt Krefeld zu den vier führenden Teams im Land. Und die Dolphins-Cheerleade­r des SC Bayer Uerdingen sind seit Jahren Dauergast bei den Weltmeiste­rschaften in ihrer Sportart.

Neben den Mannschaft­en kommen herausrage­nde Einzelspor­tler aus Krefeld oder gehören Krefelder Vereinen an. Surfer Vincent Langer ist Weltmeiste­r in der Formula-Kategorie. Die Segler Frank Suchanek, Thomas Schiffer und Horst Lenz zählen zum Teil seit Jahren zur nationalen Spitze wie auch SeniorenGo­lfer Martin Birkholz. Und: Krefelds Galopprenn­bahn schreibt seit Jahren zumindest eine schwarze Null – auch das ist inzwischen eine Seltenheit geworden.

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FOTOS: LAMMERTZ (2), PRIVAT, WEREK, STRÜCKEN, TINTER Timur Oruz und seine Schwester Selin sind gebürtige Krefelder. Mit den deutschen Hockey-Nationalma­nnschaften waren sie im Vorjahr bei den Olympische­n Spielen dabei.

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