Kalenderblatt 28. September 2000
Sogar unter Juden ist umstritten, ob sie den Tempelberg in Jerusalem betreten oder gar dort beten dürfen. Einige orthodoxe Geistliche sagen, gläubige Juden müssten dem Ort fernbleiben. Einer der Gründe: Da man heute nicht mehr genau wisse, wo der Tempel vor seiner Zerstörung gestanden habe, könne niemand vermeiden, unautorisiert das Allerheiligste zu betreten – und das sei verboten. Viele jüdische Geistliche vertreten allerdings eine andere Auffassung. Der Tempelberg ist umstritten – nicht nur zwischen Juden und Muslimen, sondern auch unter jüdischen Gläubigen. Der Status quo auf dem Tempelberg erlaubt Juden unter Einschränkungen das Betreten des Bergs, beten sollen sie dort aber nicht. Als der israelische Oppositionsführer Ariel Scharon am 28. September 2000 der heiligen Stätte mehrerer Religionen einen offiziellen Besuch abstattete, war dies – obwohl mit der muslimischen Verwaltung des Berges abgesprochen – für Palästinenser eine ungeheure Provokation. Scharon bot damit den Anlass für die Zweite Intifada, eine Welle der Gewalt zwischen Palästinensern, arabischstämmigen und jüdischen Israelis. Mehr als 3000 Menschen verloren in den folgenden Jahren ihr Leben. Scharon hatte zwei Monate nach dem Scheitern der Friedensverhandlungen in Camp David Härte demonstriert. Vier Monate später wurde er zum Ministerpräsidenten Israels gewählt.