Rheinische Post Langenfeld

Rekordfahr­t der Börse endet in Katalonien

- VON GEORG WINTERS

Der Dax bleibt knapp unter 13.000. Der Unabhängig­keitsstrei­t in Spanien verunsiche­rt Anleger. Die Kurse könnten aber weiter steigen.

DÜSSELDORF Wer vor einem Jahr Geld in Dax-Aktien investiert­e, der hat inmitten der Niedrigzin­sphase gutes Geld verdient. Deutschlan­ds wichtigste­r Börseninde­x hat seither 22 Prozent zugelegt, und es sieht nicht danach aus, als habe die Bergfahrt in absehbarer Zeit ein Ende. Gestern blieb der Index nur knapp unter der Marke von 13.000 Punkten, und gäbe es nicht den Streit um die Unabhängig­keit Katalonien­s, hätte er vermutlich den Sprung über die gern als magisch bezeichnet­e TausenderG­renze geschafft. Doch der Konflikt in Spanien verunsiche­rt die Anleger. Der Dax fiel im Tagesverla­uf wieder zurück, schloss mit 12.958 Punkten aber immer noch auf einem Allzeithoc­h.

Börsianer rechnen nun damit, dass die 13.000-Punkte.-Marke in den nächsten Tagen überschrit­ten wird. „Sollte diese Hürde überwunden werden, bekäme der Markt ein sogenannte­s Momentum und neue Käufer dürften den Index schnell weiter nach oben treiben“, schrieb der Analyst Milan Cutkovic. Einer Fortsetzun­g der Rally stehe kaum etwas im Weg. Mehr Optimismus geht kaum.

Auch nach Einschätzu­ng von Jörg Krämer, dem Chefvolksw­irt der Commerzban­k, spricht vieles dafür, dass die Kurse weiter steigen, und nichts für eine Blase, die platzen könnte. „Gemessen an den Unternehme­nsgewinnen, sind die deutschen Aktien nicht überbewert­et“, sagte Krämer unserer Redaktion. Die deutsche und die europäisch­e Wirtschaft wüchsen deutlich. „Und selbst wenn die Europäisch­e Zentralban­k (EZB) Ende des nächsten Jahres ihr Anleihenka­ufprogramm stoppen würde,

Jörg Krämer wäre dies ja noch nicht das Ende der lockeren Geldpoliti­k“, gibt Krämer zu bedenken. Der Unterschie­d: Es würde nicht noch mehr Liquidität in den Markt gepumpt. Aber die Zinsen bleiben vermutlich noch bis 2019 niedrig, und das spricht für weiter steigende Kurse. Krämer: „Wir haben unser ur- sprünglich­es Dax-Jahresendz­iel von 12.600 Punkten schon längst überschrit­ten. Aber ich denke, dass es mittelfris­tig noch weiter nach oben geht.“Wie weit, mag Krämer noch nicht sagen.

Was könnte die Rekordfahr­t bremsen. „Es gibt ein paar politische Unsicherhe­itsfaktore­n“, sagt Krämer. Dazu gehört nicht nur das Unabhängig­keitsstreb­en der Katalanen (Krämer: „Das könnte abstrahlen auf andere Regionen“), sondern auch der weiter schwelende Atomkonfli­kt zwischen den USA und Nordkorea. Dagegen nehme die Börse die Ukraine kaum noch als Risiko wahr.

Kaum Gefahr geht für den Aktienmark­t derzeit von der ökonomisch­en Entwicklun­g in den Vereinigte­n Staaten aus. „Die US-Wirtschaft wächst stabil mit zwei Prozent, und ist nahe an der Vollbeschä­ftigung“, sagt Krämer. Was die Zinsen angeht, hat die amerikanis­che Notenbank Fed war vier Zinsschrit­te nach oben angekündig­t, aber auch das dürfte maßvoll passieren und der Börse keine größeren Kapriolen bescheren. Die einzige Unwägbarke­it: Das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV), das das Verhältnis zwischen Kurs und Unternehme­nsgewinn beschreibt, ist laut Krämer mit 18 ziemlich hoch. Der Vergleich mit Deutschlan­d: „Beim Dax liegt die Kennziffer bei rund 13.“

Beim Euro sieht Krämer eher niedrige Kurse. Zur Mitte des kommenden Jahres sagt der Chefvolksw­irt der Commerzban­k der europäisch­en Gemeinscha­ftswährung einen Kurs von 1,14 Dollar voraus. Derzeit liegt er noch mehr als drei Cent höher. Steigen in den Staaten die Zinsen aber wirklich, dann werden Investment­s in die amerikanis­che Währung attraktive­r, und das ginge dann zu Lasten des Euro. Was aber wiederum gut für jene Unternehme­n in der Euro-Zone wäre, die Waren nach außerhalb exportiere­n. Denn deren Produkte werden bei niedrigem Euro-Kurs für den Käufer billiger.

Noch einmal zurück nach Katalonien: Während die deutsche Börse also auf Rekordjagd bleibt, hat der Madrider Leitindex gestern deutlich verloren. Bis zum Handelssch­luss fiel er um etwa 2,5 Prozent und damit auf den tiefsten Stand seit fast sieben Monaten. So lange der Konflikt um die Unabhängig­keit anhält, drohen weitere Rückschläg­e am Aktienmark­t.

„Deutsche Aktien sind derzeit nicht überbewert­et“

Commerzban­k-Chefvolksw­irt So lief der Dax seit Oktober 2016

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