Mehr Professionalität in der Eigenverwaltung
Die Eigenverwaltung ist ein gängiges Instrument, um Unternehmen in der Krise zu sanieren und zu erhalten. Doch nicht alle Verfahren sind erfolgreich, und Insolvenzpraktiker kennen auch die Schwachstellen.
Das Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen, kurz als ESUG bekannt, hat in diesem Jahr seinen fünften Geburtstag gefeiert. Grund genug für die Teilnehmer des vierten RPWirtschaftsforums „Insolvenz & Sanierung“, das ESUG und das damit verbundene Sanierungsinstrument der Eigenverwaltung ausgiebig zu diskutieren. „Die Eigenverwaltung hat sich bewährt und ist in der Sanierungspraxis und bei den Unternehmen angekommen. Es ist politisch gewollt, dass die Insolvenz ihren Makel verloren hat“, sagt Insolvenzverwalter Georg F. Kreplin (Kreplin & Partner). Dr. Paul Fink (FRH Rechtsanwälte) ist der gleichen Auffassung: „Durch die Eigenverwaltung ist in den Fokus gerückt, dass Scheitern eine Chance sein kann. Das Vertrauen ist gestiegen, dass es trotz Insolvenz weitergeht.“
Robert Buchalik, der mit seiner Kanzlei Buchalik Brömmekamp bereits mehr als 100 Eigenverwaltungsverfahren durchgeführt hat, betont, dass die Eigenverwaltung trotz aller Kritik zu einem höheren Gläubigereinfluss geführt habe. „Der Berater steht unter hohem Druck der Gläubiger und muss Ergebnisse liefern. Ebenso ist die Transparenz gestiegen.“Dr. Dirk Andres, der mit seiner Kanzlei AndresPartner zwei bis drei große Unterneh- men pro Jahr bei ihren Eigenverwaltungen begleitet, ist der Meinung, dass es Verfahren gibt, bei denen oftmals schon bei der Antragstellung nicht richtig hingeschaut wird, ob die Eigenverwaltung überhaupt funktionieren kann. „Gläubiger hinterfragen die Verfahren selten, und Gläubiger ohne professionelle Beratung sind mit der Komplexität überfordert. Daher sollte das System im Rahmen der aktuellen Evaluierung dahingehend angepasst werden, dass die Interessen aller Gläubiger besser beachtet werden.“
Dr. Marco Wilhelm (Mayer Brown) weist auf eine Verfahrensprofessionalisierung im Rahmen des ESUG hin. Vor allem müsse man dies vor dem Hintergrund der Globalisierung und dem Wettbewerb der Rechtsordnungen sehen. „Die Unternehmen und Gläubiger können dadurch oft eine bessere Analyse aller Optionen vornehmen und die geeignete Lösung finden.“Als „Verfechter des ESUG“präsentiert sich auch Dr. Matthias Kampshoff (McDermott Will & Emery). Auch er weist auf eine größere Professionalisierung der Verfahren hin und stellt sie auf ein vergleichbares Niveau mit anderen Jurisdiktionen. Er sagt aber auch: „Die Eigenverwaltung sollte immer fallbezogen eingesetzt werden und ist nicht immer geeignet.“Hingegen kritisiert Urs Breitsprecher (Mütze Korsch), dass Insolvenzverwalter als Sachwalter in manchen Verfahren versuchten, die Eigenverwaltung zu konterkarieren.
Dieser Kritik schließt sich auch Dr. Wolf-Rüdiger von der Fecht (von der Fecht) an: „Das ESUG ist sehr schuldnerfreundlich. Es gab auch schon Unternehmer, die sich auf diesem Weg missbräuchlich ihrer Schulden entledigen wollten. Diese Ausnahmen dürften aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass das ESUG als echtes Sanierungsinstrument sehr interessant ist.“Und auch Georg F. Kreplin kritisiert die mangelnde Kontrollfunktion und betont, dass die Fragen, ob ein Verfahren überhaupt eigenverwaltungsfähig und sinnvoll im Vergleich zur Regelinsolvenz sei, manchmal intensiver geprüft werden müssten. „Das ESUG stellt einen gut ausgestatteten Werkzeugkasten zur Verfügung. Aber nicht alle Verfahren sind gleich, sodass die Eigenverwaltung sich auch nicht immer anwenden lässt“, fügt Dr. Marc d’Avoine von d’Avoine Teubler Neu Rechtsanwälte hinzu.
Ein Thema für die Teilnehmer: die Rolle der Gerichte. „Das ESUG ist ein Gesamtvollstreckungsverfahren unter staatlicher Aufsicht, aber viele
„Der Berater steht unter hohem Druck der Gläubiger
und muss Ergebnisse liefern“
Richter sind nicht spezifisch ausgebildet, sodass oft Hemmnisse in der Zusammenarbeit bestehen. Das ist in den USA anders, dort sind Richter häufig ehemalige Wirtschaftsanwälte, die Zusammenhänge in Restrukturierungsverfahren stärker kontrollieren können“, sagt Joachim Kühne von CMS Hasche Sigle.
Lars Hinkel von anchor kritisiert in diesem Zusammen- hang, dass bei einigen Insolvenzgerichten bisweilen die gesetzlichen Regelungen des ESUG nicht beachten würden, und Wolf-Rüdiger von der Fecht definiert als Problem, dass es zu viele Gerichte mit zu wenig Spezialisierung gebe. Und auch beim neuen Europäischen Restrukturierungsrahmen, der die Sanierung gerade aus bilanzieller Sicht weiter vereinfachen solle, sei die Einbindung von Richtern in die Verfahren nicht gewünscht. Dr. Volker Hees (Hoffmann Liebs Fritsch & Partner) fordert, dass Richter autonom über die Anordnung von Eigenverwaltungsverfahren entscheiden sollten, selbst wenn ein Gläubigerausschuss einstimmig der Eigenverwaltung zugestimmt hat. „Es zeigt sich ja an den Zahlen, dass die Eigenverwaltung nicht nur ein