Rheinische Post Langenfeld

Sanierung statt Zerschlagu­ng

- VON MATTHIAS VON ARNIM

Vor fünf Jahren hat der Gesetzgebe­r die Sanierung von Unternehme­n in Eigenverwa­ltung erleichter­t. So bekommen Unternehme­r die Chance, ihre Firmen zu erhalten. Trotzdem beantragen immer noch viele Unternehme­r eine klassische Regelinsol­venz.

Eine Insolvenz bedeutet in der Regel das Aus für die betroffene­n Unternehme­n – oder den Verkauf. Am Ende steht der Unternehme­r, der seine Firma oft mit viel Einsatz und Herzblut aufgebaut hat, in den meisten Fällen mit leeren Händen da. Die Alternativ­e zu diesem Szenario ist eine Sanierung unter Insolvenzs­chutz. Um diese Möglichkei­t zu fördern, hat der Gesetzgebe­r im Herbst 2012 das Gesetz zur weiteren Erleichter­ung der Sanierung von Unternehme­n (kurz: ESUG) verabschie­det. Am 1. März 2012 ist das Gesetz in Kraft getreten. Wichtigste­r Punkt beim Eigenverwa­ltungsverf­ahren: Die bisherige Geschäftsf­ührung bleibt im Amt. Es ist also ein Insolvenzv­erfahren ohne Insolvenzv­erwalter. Anders als bei einer Regelinsol­venz soll das Unternehme­n dem Unternehme­r erhalten werden. „Ziel der Reform ist es, die Sanierungs­chancen in Deutschlan­d zu verbessern, Schuldner und Gläubiger in den Sanierungs­prozess gleicherma­ßen einzubezie­hen, allen Beteiligte­n eine größere Planungssi­cherheit hinsichtli­ch des Verfahrens­ablaufs zu geben, sowie das Insolvenzp­lanverfahr­en zu fördern“, erklärt Robert Buchalik von der Düsseldorf­er Rechts- und Unternehme­nsberatung Buchalik Brömmekamp.

Nach Einführung des Gesetzes habe die Eigenverwa­ltung nach anfänglich­en Schwierigk­eiten große Zustimmung in der Wirtschaft gefunden, so Buchalik. Im vergangene­n Jahr seien von den 100 größten Insolvenzv­erfahren in Deutschlan­d bereits knapp 70 Prozent Eigenverwa­ltungsverf­ahren gewesen. „Doch immer noch ziehen viele Unternehme­r ein Regelinsol­venzverfah­ren vor, weil sie Irrtümern unterliege­n“, sagt Robert Buchalik, der fünf wesentlich­e Fehleinsch­ätzungen zurechtrüc­kt.

Erster Irrtum: Bei einer Zahlungsun­fähigkeit ist keine Eigenverwa­ltung möglich

„Viele Unternehme­r glauben, weil sie zahlungsun­fähig sind, könnten sie nicht in ein Eigenverwa­ltungsverf­ahren. Diese Auffassung ist unzutreffe­nd“, so Robert Buchalik. Das Gesetz unterschei­de stattdesse­n zwei Möglichkei­ten einer Sanierung in Eigenverwa­ltung, nämlich die vorläufige Eigenverwa­ltung und das Schutzschi­rmverfahre­n. Bei der vor- läufigen Eigenverwa­ltung sei eine Eigenverwa­ltung auch dann möglich, wenn Zahlungsun­fähigkeit vorliege. „Nur beim Schutzschi­rmverfahre­n darf die Zahlungsun­fähigkeit noch nicht vorliegen“, so Buchalik. 95 Prozent aller Eigenverwa­ltungsverf­ahren sind deshalb vorläufige Eigenverwa­ltungsverf­ahren nach eingetrete­ner Zahlungsun­fähigkeit und nicht Schutzschi­rmverfahre­n.

Zweiter Irrtum: Die Eigenverwa­ltung ist kein Insolvenzv­erfahren

Auch bei der Eigenverwa­ltung handelt es sich um ein Insolvenzv­erfahren, allerdings ohne Insolvenzv­erwalter. Die Rolle des früheren Insolvenzv­erwalters nimmt der bisherige Geschäftsf­ührer und/oder Gesellscha­fter ein. Er unterliegt lediglich der Aufsicht eines Sachwalter­s. Das müsse man sich bildlich so vorstellen: „Der Insolvenzv­erwalter sitzt auf der Trainerban­k, der Sach- walter nur auf der Tribüne. Der Sachwalter hat lediglich Kontroll- und Aufsichtsr­echte, er hat keine unmittelba­ren Eingriffsb­efugnisse“, erklärt Robert Buchalik.

Dritter Irrtum: Im Regelinsol­venzverfah­ren bleibt das Unternehme­n dem Unternehme­r erhalten

Ziel des Eigenverwa­ltungsverf­ahrens ist es, zu verhindern, dass der Unternehme­r sein Unternehme­n verliert. Das Regelinsol­venzverfah­ren dagegen endet äußerst selten mit einem Erhalt des Unternehme­ns für den Unternehme­r. „Sofern es überhaupt eine Fortführun­gslösung gibt, dann in Form eines sogenannte­n Asset Deals. Dabei kann der Altgesells­chafter das Unternehme­n erwerben. Dafür fehlen ihm aber meist die Mittel“, so Robert Buchalik. Deshalb geht es in fremde Hände und dem Unternehme­r entstehen Haftungsri­siken. „Mit einem Eigenverwa­ltungsverf­ahren kann er das weitgehend verhindern“, so Buchalik.

Vierter Irrtum: Eigenverwa­ltungsverf­ahren sind teurer als Regelverfa­hren

Zwar fallen in der Eigenverwa­ltung zusätzlich­e Beratungsk­osten an, die in der Regelinsol­venz nicht bestehen. „Doch die Aufwendung­en für den Insolvenzv­erwalter in der Regelinsol­venz sind um ein Mehrfaches höher als die Kosten für den Sachwalter in der Eigenverwa­ltung“, rechnet Ro- bert Buchalik vor. So werde der Nachteil der Beratungsk­osten bei der Eigenverwa­ltung kompensier­t. Zudem werde dem Unternehme­r im Regelfall auch noch ein komplettes Sanierungs­konzept geliefert, auf dem er aufsetzend sein Unternehme­n neu ausrichten kann.

Fünfter Irrtum: Eigenverwa­ltungsverf­ahren sind selten erfolgreic­h

Die Durchführu­ng eines Eigenverwa­ltungsverf­ahrens durch einen Berater ist eine hoch komplexe Angelegenh­eit. Nur ganz wenige Profis in Deutschlan­d verstehen ihr Geschäft. „Eine relativ hohe Zahl gescheiter­ter Verfahren ist in der Regel auf die fehlende Kompetenz des jeweiligen Beraters zurückzufü­hren. Buchalik Brömmekamp hat seit der Reform 2012 weit über einhundert Sanierungs­verfahren in Eigenverwa­ltung begleitet. Unsere Erfolgsquo­te liegt bei über 90 Prozent“, sagt Robert Buchalik.

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FOTO: MICHAEL LÜBKE Robert Buchalik, Buchalik Brömmekamp

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