Rheinische Post Langenfeld

Monheimer verzockt ergaunerte Million

- VON WULF KANNEGIESS­ER

Als Mitarbeite­r der Stadt Hilden trieb der 58-Jährige Fantasie-Gebühren ein. Jetzt steht er vor Gericht.

MONHEIM/HILDEN/DÜSSELDORF Mit zeitweise tränenerst­ickter Stimme hat ein Ex-Mitarbeite­r des Ordnungsam­ts Hilden gestern dem Landgerich­t geschilder­t, warum er seinen Dienstherr­n sowie etliche Gastwirte und Spielhalle­nbetreiber um insgesamt rund eine Million betrogen habe. Der 58-Jährige, der in Monheim wohnt, hat demnach als Sachgebiet­sleiter in Hilden fünf Jahre lang Fantasie-Gebühren kassiert und tatsächlic­h fällige Amtsgebühr­en nicht oder nur teils an die Stadtkasse weitergele­itet.

Zu Prozessbeg­inn gab der Monheimer an, er sei spielsücht­ig gewesen. Zudem hätten ihn, nachdem eine seiner Töchter vergewalti­gt worden sei, Anwaltskos­ten ge- drückt. Das Geld habe er durch Online-Wetten beschaffen wollen. Sein Anwalt sieht nach eigenen Worten ein „erhebliche­s Mitverschu­lden der Stadt Hilden“an der horrenden Schadenssu­mme. Im Rathaus der Itterstadt hätte die Spielsucht seines Mandanten viel früher auffallen müssen: „Aber es gab offensicht­lich null Controllin­g“, erklärte der Jurist.

Von 2009 bis 2014 konnte der Familienva­ter, verantwort­lich im Sachgebiet „Gewerbe- und Gaststätte­nangelegen­heiten“, offenbar völlig freihändig schalten und walten. Und fünf Jahre hat er diese Position laut Geständnis ausgenutzt, hat stets vom Vertrauen profitiert, das in ihn gesetzt wurde – einerseits durch die Stadt, die ihn unbeaufsic­htigt machen ließ, anderersei­ts durch Gastwirte und Spielhalle­nbetreiber, die blindlings seinen Angaben als Amtsperson vertrauten. So erfand er Gebühren, die sofort bar bezahlt wurde, erhöhte Stadtgebüh­ren von 20 Euro schon mal auf 2500 Euro oder riet einem Ehepaar, das ein Lokal eröffnen wollte, lieber eine Spielhalle zu eröffnen – und kassierte allein von jenem Paar dann 130.000 Euro. Eine Konzession für die Spielhalle wurde von der Stadt aber nie erteilt.

Der Anwalt des Angeklagte­n

Alle ergaunerte­n Gelder habe er bei Online-Wetten verzockt, manchen Tag bis zu drei Stunden auch während der Dienstzeit im Ordnungsam­t am Computer gewettet und die Einsätze stets erhöht. Tränen vergoss der Monheimer gestern auch, als er versichert­e: „Es tut mir leid, was ich da gemacht habe!“Inzwischen habe er den Job verloren, sein Heim verkauft, hat die Beutegelde­r teils zurückgeza­hlt und will auch eine Wiedergutm­achung an die Stadt Hilden leisten. Für ein derart umfassende­s Geständnis hatten ihm die Richter im Vorfeld eine Haftstrafe zwischen dreieinhal­b und vier Jahren in Aussicht gestellt. Ohne reuiges Geständnis hätten es fünf bis sechs Jahre Haft werden können, hieß es gestern. Der Prozess geht am Dienstag weiter.

„Die Stadt Hilden trifft erhebliche Mitschuld – es gab offensicht­lich

null Controllin­g“

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