Rheinische Post Langenfeld

Österreich­s Wirtschaft wächst

- VON RUDOLF GRUBER

Trotz guter Konjunktur warten viele Probleme auf die neue Regierung.

WIEN Morgen wählt Österreich ein neues Parlament. Und zumindest die Konjunktur könnte in diesem Moment besser kaum sein. Das Wiener Wirtschaft­sforschung­sinstitut (Wifo) rechnet für 2017 und 2018 mit jeweils 2,8 Prozent Wachstum. Für nächstes Jahr seien sogar mehr als drei Prozent möglich. Der Aufschwung stehe auf breiter Basis, sowohl Binnennach­frage als auch Exporte stiegen, so die Diagnose.

Die gute Konjunktur hat auch die Zahl der Beschäftig­ten auf ein Rekordnive­au steigen lassen. Auf die Arbeitslos­enquote – derzeit 6,3 Prozent – wirkt sich das allerdings kaum aus. Denn 70 Prozent der neuen Arbeitsplä­tze entfallen auf jüngere Zuwanderer aus Osteuropa, die vor allem in Gastronomi­e und Bauwirtsch­aft gebraucht werden. Insgesamt hat sich die Zahl ausländisc­her Beschäftig­ter binnen neun Jahren von einer halben auf eine Dreivierte­lmillion erhöht, das ist rund ein Fünftel der Beschäftig­ten.

Trotz des ersehnten Aufschwung­s warten auf die neue österreich­ische Regierung aber auch viele Proble- me, die weiteres Wachstum behindern – allen voran die wuchernde Staatsbüro­kratie. Zu hohe Steuern und Lohnnebenk­osten sowie unflexible Arbeitszei­ten bremsen Investitio­nen, vor allem in Zukunftsbr­anchen wie Umwelt und Energie.

Nach der Wahl dürfte es zu einem Regierungs­wechsel kommen. Demoskopen geben einer schwarz- blauen Koalition zwischen konservati­ver ÖVP und rechter FPÖ die größten Chancen. Zuletzt hat FPÖChef Heinz-Christian Strache seinen Ton gemäßigt, um als Staatsmann ernst genommen zu werden. Tatsächlic­h haben die beiden Parteien wirtschaft­spolitisch mehr gemeinsam als die scheidende rotschwarz­e Koalition. SPÖ und ÖVP blockierte­n einander in der Regierung häufig, weil keiner dem anderen einen Erfolg gönnen wollte.

ÖVP-Kandidat Sebastian Kurz hat für Österreich­s Unternehme­n milli- ardenschwe­re Steuerentl­astungen angekündig­t. So sollen nur noch entnommene Gewinne besteuert werden. Wenn diese reinvestie­rt werden, soll die Körperscha­ftsteuer komplett entfallen. Kurz meint, das koste den Staat allenfalls eine Milliarde Euro und werde einen „Schub von Investitio­nen“auslösen. SPÖChef und Kanzler Christian Kern kommt dagegen auf ein Loch im Staatshaus­halt von 4,5 Milliarden.

Jahrelange­s Streitthem­a in der rot-schwarzen Koalition war auch die Flexibilis­ierung der Arbeitszei­t, die SPÖ und Gewerkscha­ften strikt ablehnen. Mit Strache, der Beschützer der „kleinen Leute“, aber auch Fürspreche­r der „kleinen Unternehme­r“sein will, könnte das für einen Kanzler Kurz zu machen sein.

Einig ist man sich schon lange darin, Unternehme­nsgründung­en von staatliche­r Seite einfacher zu machen. „One-Stop Shop“lautet das neudeutsch­e Schlagwort dazu, hinter dem sich eine zentrale Anlaufstel­le verbirgt, die alle Behördenwe­ge bündelt. Für junge und kreative Selbststän­dige solle Österreich ein „Paradies für Start-ups“werden, versprach Kern.

ÖVP und FPÖ haben ökonomisch mehr

gemeinsam als die große Koalition

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FOTO: AP Donald Trump während seiner Ansprache im „Diplomatic Room“des Weißen Hauses. Die Panorama-Tapete ließ Jackie Kennedy 1961 anbringen.

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