Machtkampf an der Grünen-Spitze
Banaszak und Rettich liefern sich eine Kampfkandidatur um den Landesvorsitz.
DÜSSELDORF An der Spitze der NRW-Grünen zeichnet sich eine Kampfkandidatur ab. Auf der Delegiertenkonferenz am 20. Januar wollen sich sowohl der Duisburger Felix Banaszak (27) als auch der Bochumer Wolfgang Rettich (39) zum Landesvorsitzenden wählen lassen. Das bestätigten beide gestern auf Anfrage unserer Redaktion.
Über Banaszaks Kandidatur war in grünen Insider-Kreisen bereits spekuliert worden. Rettichs Kandidatur hingegen ist für die rund 12.800 NRW-Grünen eine Überraschung. Niemand hatte mit einer Kampfabstimmung um den Landesvorsitz gerechnet.
Zumal Rettichs Bewerbung wie ein Vorwurf an das Partei-Establishment klingt: „Es ist eine Zeit der Neuaufstellung bei uns Grünen. Wir brauchen mehr Dialog. Ich will mich daran beteiligen“, so Rettich. Die Delegierten werden in Kamen einen Nachfolger für Noch-Landeschef Sven Lehmann wählen, der in den neuen Bundestag einzieht. Wie Lehmann wird auch der Nachfolger als CoChef neben der Landesvorsitzenden Mona Neubaur fungieren, die am 20. Januar turnusgemäß nicht zur Disposition steht.
Aber nach dem schlechten Abschneiden der Grünen bei der Land- tagswahl gilt Neubaur als geschwächt. Ranghohe NRW-Grüne in Partei und Fraktion sehen im zur Wahl stehenden Co-Landesvorsitzenden deshalb den eigentlichen künftigen Chef des größten deutschen Grünen-Landesverbandes. Die Fraktion im Landtag hat mit der Neubesetzung ihrer Spitze Konsequenzen aus dem Debakel gezogen. Einige NRW-Grüne werfen Neubaur vor, dass der Parteivorstand ähnlich sichtbare Konsequenzen bis heute verweigert. „Mona Neubaur hat im Wahlkampf keine Themen gesetzt und setzte auch nach der Wahl keine Impulse“, meint ein einflussreicher NRW-Grüner. Neubaur sagte dazu gestern: „Derartige Kritikpunkte besprechen Grüne üblicherweise in Gremien, wo die Kritiker auch ihr Gesicht zeigen.“
Rettich und Banaszak gehören beide zum linken Flügel der Grünen. Rettich ist Ratsherr in Bochum und hat eine sehr Grünen-untypische Biografie: Nach seinem Hauptschulabschluss und einer Kaufmannsausbildung war er Zeitsoldat, holte danach das Abitur nach und studierte Sozialwissenschaften. Seit 2014 ist er hauptamtlicher Landesschatzmeister der NRW-Grünen. „Die Grünen hören nicht genug auf ihre Kommunalpolitiker“, sagte er gestern im Gespräch mit unserer Redaktion.
Banaszak ist Sprecher des Grünen-Kreisverbandes in Duisburg und war bis 2014 Chef der Grünen Jugend. Im September kandidierte er vergeblich für den Bundestag. Auch Banaszak fordert eine „strukturelle Erneuerung“der NRW-Grünen sowie „mehr echte Mitbestimmung“für die Basis. Er will „nicht Vorsitzender einer Parteiströmung“sein, sondern sieht sich eher als „Moderator“.