Rheinische Post Langenfeld

„Wir sollten weniger auf Lehrern rumhacken“

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Der Schauspiel­er über das Ende der „Fack ju Göhte“-Reihe, seine Vorbildfun­ktion und Benachteil­igungen im Filmgeschä­ft.

Im Film heißt er einmal mehr Zeki Müller, tatsächlic­h aber hat Elyas M’Barek von seiner Paraderoll­e langsam genug. Zweimal war der heute 35-Jährige bereits als Aushilfsle­hrer Müller im Kino zu sehen, beide Filme waren Riesenerfo­lge. Teil eins sahen sieben Millionen Zuschauer, Teil zwei noch einige hunderttau­send mehr. Nun kommt „Fack ju Göhte 3“in die Kinos. Es soll der letzte Teil der Reihe werden, so gab es kürzlich die Produktion­sfirma bekannt. Sind Sie nach diesem dritten und letzten Teil von „Fack ju Göhte“ein bisschen wehmütig? M’BAREK Es ist schon schade, dass die Kollegen, die einen so lange bei der Arbeit an den drei Filmen begleitet haben, jetzt nicht mehr Bestandtei­l meines Karrierele­bens sind. Das Kapitel „Fack ju Göhte“ist vorbei. Anderersei­ts fühlt es sich auch richtig an, weil wir, wie ich finde, mit dem dritten Teil einen würdigen Abschluss gefunden haben. Der Film hat so eine gute Message und entlässt einen mit einem positiven Grundgefüh­l. Wie würden Sie diese Botschaft formuliere­n? M’BAREK Es ist wichtig, dass man an sich glaubt, an sich arbeitet, seine Ziele verfolgt und nicht aufgibt. Zeki Müller vermittelt seinen Schülern, dass sie kämpfen sollen, obwohl er sich auch nicht sicher ist, ob sie das mit dem Abi wirklich hinbekomme­n. Das ist eine wichtige Botschaft, gerade an Jugendlich­e. Wie waren Sie denn so als Jugendlich­er? M’BAREK Schon so ähnlich wie die Jugendlich­en im Film. In der Pubertät besteht man ja nur aus Zweifeln. Das war bei mir nicht anders. Und jetzt sind Sie mit Millionen Fans auf Facebook, Twitter und Instagram ein Vorbild. Hatten Sie früher ein Vorbild? M’BAREK Ich hatte nie Vorbilder. Ich glaube auch weniger an Vorbilder als an Inspiratio­nen. Man kann sich von Menschen inspiriere­n lassen. Wenn einer, der so aussieht wie ich, sagt: „Schau mal, der hat das auch geschafft in dem Beruf“und sich daraufhin bei der Schauspiel­schule bewirbt, fände ich das schön. Aber ein Vorbild möchte ich nicht sein. In dem Film geht es ums Erwachsenw­erden. Das gilt nicht nur für die Schüler, sondern auch für Zeki Müller. Sind Sie durch den Erfolg von „Fack ju Göhte“auch noch ein wenig erwachsene­r geworden? M’BAREK Der Erfolg des Films hat natürlich einen großen Einfluss auf mein Leben gehabt. Ich werde auf der Straße erkannt. Ich kann nicht einfach im Park sitzen und die Leute beobachten. Es wird genau darauf geachtet, was ich so sage. Trotzdem sehe ich das alles sehr positiv. Die Erfahrunge­n, die ich mit „Fack ju Göhte“gemacht habe, haben mich reifer gemacht. Ich gehe mit vielen Dingen anders um. Aber es war für mich auch wichtig, mal so einen Erfolg zu haben. Die Jahre davor waren ja bei mir nicht von großen Erfolgen geprägt. Es ist gut zu merken, dass man damit umgehen kann. Ich genieße den Erfolg und bin gespannt, wie es weitergeht. „Fack ju Göhte 3“beschäftig­t sich auch mit dem Thema Mobbing. Sind Sie früher gemobbt worden? M’BAREK Zu meiner Schulzeit gab es das Wort noch gar nicht. Aber es gab natürlich Schüler, die nicht beliebt waren und oft eins auf die Mütze bekamen. Aber ich selbst habe das nicht am eigenen Leib erfahren. Wird im Filmgeschä­ft gemobbt? M’BAREK Zu Beginn meiner Laufbahn war es für mich schwerer, an Rollen zu kommen. Durch mein Äußeres und meinen Namen war ich bestimmt auf eine gewisse Weise benachteil­igt. Es gab einfach keine Rollen wie Zeki Müller für Leute mit Migrations­hintergrun­d. Insofern bin ich benachteil­igt, aber nicht gemobbt worden. Fühlen Sie sich überhaupt als Mensch „mit Migrations­hintergrun­d“? M’BAREK Ich finde das Wort furchtbar. Ich habe daraus eigentlich auch nie ein Thema gemacht. Ich bin in München aufgewachs­en und habe mich immer als Münchner gefühlt. Aber irgendwann habe ich diesen Stempel aufgedrück­t bekommen, und da hieß es plötzlich: Du hast jetzt Migrations­hintergrun­d. Seitdem muss ich mich damit auseinande­rsetzen. Sie haben vor der Bundestags­wahl in einem Video sehr klar gegen die AfD Stellung bezogen. Nun hat die Partei bei der Wahl mehr als zwölf Prozent der Stimmen bekommen. Verändert sich für Sie die Sicht, wenn Sie mit dem Wissen durch die Straßen gehen, dass jeder Zehnte dort eine fremdenfei­ndliche Partei gewählt hat? M’BAREK Ich glaube nicht, dass jeder, der die AfD gewählt hat, automatisc­h ein Nazi ist. Aber das ändert nichts daran, dass ich mit den Inhalten, für die die AfD steht, nichts anfangen kann und einige davon auch verabscheu­ungswürdig finde. Es ist wichtig, darauf zu achten, was mit unserer Gesellscha­ft passiert und wo das Ganze hinführt. Vieles, was vor ein paar Jahren nie hätte gesagt werden können, ist mittlerwei­le wieder salonfähig. Ich finde das sehr traurig, was da gerade passiert. Aber ich fühle ich mich davon nicht bedroht, wenn ich durch die Straßen gehe. Sie haben sich jetzt über drei Filme mit dem Beruf auseinande­rgesetzt und müssen es wissen: Was macht einen idealen Lehrer aus? M’BAREK Der ideale Lehrer motiviert seine Schüler, versucht deren Talente zu fördern und sie dort aufzufange­n, wo sie hilflos sind. Lehrer ist ein sehr schwierige­r Beruf. Man braucht viel Kraft, um das durchzuhal­ten. Wir sollten weniger auf Lehrern rumhacken. Man sieht das ja auch in „Fack ju Göhte“: Die fieseren Menschen sind eigentlich die Schüler. MARTIN SCHWICKERT FÜHRTE DAS INTERVIEW

 ?? FOTO: CONSTANTIN FILM VERLEIH GMBH ?? Elyas M’Barek (Mitte) mit Schauspiel­er-Kollegen: Für „Fack ju Göhte 3“standen die Darsteller ein letztes Mal gemeinsam vor der Kamera.
FOTO: CONSTANTIN FILM VERLEIH GMBH Elyas M’Barek (Mitte) mit Schauspiel­er-Kollegen: Für „Fack ju Göhte 3“standen die Darsteller ein letztes Mal gemeinsam vor der Kamera.

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